Das folgende Zitat fasst die Position von Stefan Müller zusammen.
Auch die öffentliche Hand kann nur soviel ausgeben, wie sie einnimmt. Der Staat muss mit den Steuermitteln haushalten, die ihm zur Verfügung stehen. Er darf die Steuerzahler dabei nicht überfordern, denn sonst würde er Eigenverantwortlichkeit und Innovationskraft der Bürger und der Wirtschaft aufs Spiel setzen. Sparsamkeit, gezielte, nachhaltige und transparente Mittelverwendung sowie eine laufende Aufgabenkritik sicherzustellen, betrachte ich als eine meiner wichtigsten Aufgaben als Abgeordneter.
Klingt irgendwie plausibel, oder? Hey, was ist hier los? Kann das sein? Gucken wir mal nach. Die ersten zwei Sätze sind Trivialitäten.
Man kann nur ausgeben, was man einnimmt
Stefan Müller ist Bankfachwirt. Er kennt sich also aus. Mit Geld und so. Mit Krediten. Oh, Moment. Kredite? Wenn man einen Kredit aufnimmt, dann kann man ja mehr ausgeben als man eingenommen hat. Lustigerweise ist es zur Zeit sogar so, dass es negative Zinsen gibt, das heißt, wenn man als Bundesrepublik einen Kredit aufnimmt, muss man nicht alles zurückzahlen. Wenn man nun damit Betriebe (Wasser‑, Energieversorgung) rekommunalisieren würde oder riesige Wohnungsbestände zurückkaufen würde, die mitunter die Sozialdemokraten (in Berlin Wowereit und Sarrazin, siehe Als das Tafelsilber verkauft wurde) mal verscherbelt haben, dann hätte man hinterher was.
Davon abgesehen, kann man natürlich als Gesellschaft festlegen, wie viel man einnehmen will. Man kann Steuersätze festlegen, Einkommenssteuern, Vermögenssteuern und Erbschaftssteuern beschließen. Und man kann dann beschließen, was man damit macht. Will man lieber in den Schwimmbädern die Wassertemperatur ein Grad nach unten drehen (in Berlin geschehen) oder bei den Superreichen 1% Vermögenssteuer einführen?
Innovationskraft der Bürger und der Wirtschaft
Die Innovationskraft der Bürger und der Wirtschaft auf’s Spiel stellen? Um Himmels Willen? Was wird denn dann aus unserem Wohlstand und dem Fortschritt?
Klar ist, dass Firmen Geld für Forschung und Entwicklung brauchen, dass sie Geld reinvestieren, um neue Dinge zu entwickeln (z.B. Bauschaum, siehe Video über Fortschritt), um zu expandieren. Das will auch niemand ändern (nun ja, das mit dem unbegrenzten Wachstum ist so eine Sache). Aber wo man mal dran drehen könnte, das sind die hohen Einkommen und Privatvermögen, die eben nicht in Firmen stecken. Was will man denn mit einem Jahreseinkommen von über 200.000€ machen?
Nach Steuern (Spitzensteuersatz ist 42%, Berechnung geht mit Steuerrechner) hat man als Alleinstehender immer noch 121.000€ übrig, als Mensch mit Partner sogar 131.000€ (Hey, ist das die Förderung von Familien, über die wir in Mensch & Familie gesprochen haben?). Und dann? Wohnungen kaufen? Um dann noch mehr Geld zu verdienen? Durch die Gegend jetten und CO2 ausstoßen (Otto et al. 2019)? Kleine geile Firmen gründen?
Für kleine geile Firmen reichen auch 120.000€ noch. Und wenn man diese hat, bekommt man auch einen günstigen Kredit (siehe oben). Kreditkosten kann man übrigens von der Steuer absetzen.
Eigentum ist eine Last
Wenn man zusätzlich zum Höchststeuersatz von 42% noch 1% der 200.000€ abgibt, sind das 2000€. Das ist quasi nichts. Wenn man 10% davon abgibt, sind das 20.000€. Es ist immer noch mehr als genug übrig. Wenn man so viel Geld verdient bekommt, dann legt man das nicht auf’s Sparbuch, man legt es an. In Aktien oder Fonds. Dafür bezahlt man 25% Steuern, wenn man Gewinne mitnimmt. Auch diese Steuern könnte man locker erhöhen. Man könnte Finanztransaktionssteuern einführen, die bei jedem Kauf und Verkauf von Aktien fällig würden. Das würde Menschen mit großen Einkommen entlasten, denn Eigentum kann sehr belastend sein, wie man den folgenden Liedern von Knorkator entnehmen kann.
Sparsamkeit
Sparsamkeit kommt gut. Den Gucci-Gürtel enger schnallen. Wo sollen wir denn sparen? Bei den Sozialausgaben? Da gibt es nichts mehr zu sparen. Das hat Schröder für uns erledigt (Hartz IV, Agenda 2010). Die CDU/CSU hätte das nicht gekonnt, aber eine Rot-Grüne Regierung mit der fröhlichen Duldung der CDU/CSU/FDP konnte das durchziehen.
Im letzten Jahr haben sich die Militärausgaben enorm erhöht. Muss das sein? Eher nicht so (siehe Aufrüsten oder Abrüsten). Gut, dann sparen wir da, bis wir wieder auf einem normalen Level angekommen sind. Wenn die Soldat*innen ihr Kriegsgerät nicht mit nach hause nehmen würden (taz: Amnestie für Patronenklau), müssten wir ihnen auch nicht immer neues kaufen.
Zusammenfassung ohne Quatsch
Die Vermögensverteilung hat sich in den letzten Jahren extrem verändert. Einige Wenige besitzen große Vermögen und viele krepeln so rum. Das kann man durch Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen und Erbschaftssteuern ändern.
Nachtrag
Mit dem Song Kapitalismus von Funny van Dannen verbindet sich für mich ein intensives Erlebnis: Ich habe ihn in der S‑Bahn gehört. Vorgetragen von einem Musikanten, der um Almosen bat. Er hatte nur noch wenige Zähne, sang aber sehr gut. Es ist etwas ganz anderes, Funny van Dannen auf einem Konzert zusammen mit seinen Kumpels aus der links-grün versifften Bubble zuzuhören, als diesen mittellosen Mann singen zu hören: „Ich möchte den Kapitalismus lieben, denn er liebt mich ja auch, er hat mir so viel gegeben, er gibt mir alles, was ich brauch.“ Ich habe ihm viel gegeben. Aber ich konnte ihm nicht alles geben, was er braucht. Ich wünsche jedem CSUler eine solche Erfahrung. Aber die fahren wahrscheinlich nicht S‑Bahn.
Hermann, Ulrike. 2021. Wahlprogramm Bündnis 90/Die Grünen: Können Grüne regieren? Können sie mit Geld umgehen? taz. Berlin. (https://taz.de/Archiv-Suche/!5763311/)
Otto, Ilona M., Kim, Kyoung Mi, Dubrovsky, Nika & Lucht, Wolfgang. 2019. Shift the focus from the super-poor to the super-rich. Nature Climate Change 2(9). 82–84. (doi:10.1038/s41558-019‑0402‑3)
Ein führendes Mitglied der Partei Die PARTEI hat mich darum gebeten, den Politikkodex zu unterschreiben. Dabei geht es um Transparenz und darum Lobbyismus zu erschweren. Die Höchstsätze für private Zuwendungen und Parteispenden sollen reduziert werden und von Unterzeichnerinnen wird erwartet, dass sie Firmenbeteiligungen und andere potentiell ihre Haltung als politische Mandatsträger*innen beeinflussende Faktoren offenlegen. Ich halte Lobbyismus für eins der Grundübel unserer Zeit und auch für einen der wichtigsten Gründe dafür, warum die Regierung uns Klimapäckchen schickt und der Kohleindustrie Milliarden schenkt, statt einfach den Markt entscheiden zu lassen (in UK sind die Kohlekraftwerke unrentabel und schließen selbst) bzw. einen Bruchteil der Entschädigungen nimmt und RWE kauft und dicht macht (der Börsenwert ist nicht hoch). Autoindustrie und Tempolimit ist eine andere Geschichte. Also: Politikkodex hurra!
Nebenbemerkung: Der Mann, gegen den ich antrete, scheint das irgendwie anders zu sehen. Er hat im Bundestag gegen Transparenzreglungen gestimmt.
Beim Nachdenken über den Politikkodex ist mir aufgefallen, dass ich an sehr, sehr vielen Firmen beteiligt bin. Eine ist ein Bank und eine andere habe ich sogar selbst mitgegründet. Also hier jetzt der Transparenzpost. Ich hoffe, dass mich danach noch jemand wählt. Trotz der heftigen Verstrickungen in lokal, national und global agierende Firmen und meiner Nebentätigkeit.
Aber fangen wir vielleicht mit etwas an, das mir leichtfällt: Transparenz und Dienstreisen.
Transparenz
Der Politikkodex verlangt die Offenlegung von Kontakten mit Interessenvertreter*innen:
2.10 Kontakte/Treffen mit Interessenvertreter*innen mit Nennung des Datums, des Themas, der Person, der Institution, der Agentur, der Kanzlei, der Denkfabrik etc. transparent machen (z.B. durch Veröffentlichung auf der eigenen Internetseite).
Ich werde alles, was ich tue, auf twitter bekanntgeben (mache ich jetzt schon). Ich folge dabei dem Vorbild von Julia Klöckner, die ihr Treffen mit Nestlé ebenfalls auf twitter bekanntgegeben hat:
Ich verspreche ebenfalls, dass ich vor einem etwaigen Treffen mit Vertreter*innen von Nestlé, den Film We feed the world – Essen global mindestens drei mal ansehen werde (ein Mal war schon schlimm genug).
Dienstreisen
Der Politikkodex verlangt von Kandidierenden und politischen Mandats- und Amtsträger*innen, Dienstreisen öffentlich zu machen und Flugreisen zu reduzieren:
2.17 Dienstreisen ins Ausland mit einem Reisebericht öffentlich transparent machen unter Offenlegung des Reiseziels, des/der Einladenden und der Kostentragung. Flugreisen reduzieren und wenn möglich durch Videokonferenzen ersetzen.
2.18 Amts-/Mandatstätigkeit so umweltschonend wie möglich ausüben (dies gilt in besonderer Weise für Reisen und dienstliche Mobilität).
Die Aktion wurde dann als #unter1000 auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet (unter1000.scientists4future.org) und bis Corona das Interesse am Fliegen bzw. Nicht-Fliegen gegroundet hat, haben wir 4141 Verpflichtungen von an deutschen Forschungseinrichtungen tätigen Wissenschaftler*innen eingesammelt.
2.19 Kosten der Amts-/Mandatstätigkeit so gering wie möglich halten.
Auszug aus dem Politkodex, 18.04.2021
Der Punkt 2.19 steht zur Zeit leider im Widerspruch zu Punkt 2.17 und 2.18. Das liegt daran, dass Flugreisen oft billiger sind als die viel ökologischeren Zugreisen. Mit diesem Thema haben wir uns bei S4F schon beschäftigt. Als Bundestagsabeordneter werde ich mich dafür einsetzen, dass die Befreiung des Flugverkehrs von der Kerosinsteuer beendet wird und dass die Tonne CO2 wie vom Umweltbundesamt vorgeschlagen mit mindestens 180€ eingepreist wird und somit Flugreisen nur ihren realen Kosten entsprechend angeboten werden können. Damit wäre die Bahn dann wieder billiger.
So viel zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen. Nun zu meinen Firmenbeteiligungen.
Firmenbeiteiligungen
Taz, die Tageszeitung Verlagsgenossenschaft eG
Die Firma, an der ich die meisten Anteile besitze, ist die taz. Ich bin Genossenschaftler und habe Anteile im Wert von 2500€ gekauft. Diese Anteile verlieren ständig an Wert. 2018 betrug der Wert 84,25% der Einzahlungssumme. Ich weiß das so genau, weil ich meine Anteile 2019 kurz mal gekündigt habe, weil ich Geld für das Demokratie-Klima-Projekt 120620olympia brauchte und die taz durch ihre Berichterstattung (taz lügt nicht) dazu beigetragen hatte, dass die 2 Millionen Euro, die per Crouwd-Funding eingesammelt wurden, fast nicht zusammen gekommen wären (siehe Warum mein taz-Kreditplan nicht funktionert hat). taz-Genosenschaftler*innen bekommen von der Genossenschaft kein Geld. Dafür aber eine gute Zeitung.
Kräutergarten Pommerland eG
Außerdem besitze ich für 500€ Anteile an der Kräutergarten Pommerland eG. Die machen den leckersten Kräutertee der Welt. Irgendwann hatte unser Dealer die ausgelistet, da habe ich die Dinge selbst in die Hand genommen. Der Kräutergarten ist ebenfalls als Genossenschaft organisiert. Geld haben die Genossenschaftler*innen noch nie bekommen. Dafür guten Tee.
BRD GmbH
Nein! Die BRD GmbH gibt’s gar nicht. Das ist Nazi-Quatsch. Da kommt nichts bei raus. Kein Geld, keine Zeitung, kein Tee, kein Ökostrom. Nur Ärger. Hoffentlich Ärger.
GLS Bank eG
Ich besitze auch eine Bank. Also einen Teil einer Bank. Ich habe Genossenschaftsanteile für 500€ gezeichnet. GLS steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Wie bescheuert ist das denn? Eine Bank, die Geld verschenkt? Ja, da muss man schon ziemlich idealistisch drauf sein. Die GLS Bank fördert nachhaltige Projekte. Früher wurde das über niedrigere Zinsen für die Anleger*innen finanziert. Da es zur Zeit aber für niemanden Zinsen gibt, ist es etwas schwierig. Geld bringt mir dieses Investment also keins. Aber gute Laune.
SoGeLa eG
Meine kommerziell erfolgreichste Firmenbeteiligung ist die an der SoGeLa (Solargenossenschaft Lausitz eG). Auf die SoGeLA bin ich durch einen Artikel in der taz aufmerksam geworden (Solardächer statt Abraumhalden). Vattenfall wollte 2011 die Dörfer Kerkwitz, Atterwasch und Grabko wegbaggern. Die Anwohner*innen von Kerkwitz hatten die Idee, Vattenfall maximal effektiv und symbolisch zu ärgern. Sie haben eine Genossenschaft gegründet, die Solarzellen auf das lokale Feuerwehhaus gebaut hat. Sollte der Ort weggebaggert werden, so muss Vattenfall (bzw. deren Nachfolger) die Solargenossenschaft entschädigen. Alle Mitglieder der Genossenschaft sind betroffen und können sich auch in lokale Verfahren einbringen.
Ich hatte dieses Investment eigentlich als eine Spende gesehen: Zurück kommt kein Geld, aber guter Strom. Doch dann: 2020 ein Brief mit Mitteilung zur Gewinnausschüttung. Hey, ho. Gutes tun und dabei reich werden!
Language Science Press
Ich höre sie/Sie jetzt schon fragen: „Was? Der will der CSU Konkurrenz machen? Kann der denn überhaupt Wirtschaft?“ Darauf habe ich zwei Antworten: 1) Alle meine Firmen gibt es noch nach mehreren Jahren. Das ist bei Größen aus Parteien, die als wirtschaftskompetent gelten, nicht der Fall (Wikipedia-Eintrag: Christian Lindner). 2) Meine erfolgreichste Firmengründung ist eine gemeinnützige GmbH, die den Verlag Language Science Press betreibt und die ich 2017 gemeinsam mit Martin Haspelmath und Sebastian Nordhoff (aus Erlangen) gegründet habe. Language Science Press ist inzwischen im Millionenbereich: Wir haben 1 Million Downloads von Open-Access-Büchern erreicht. Language Science Press ist ein global agierender Verlag, der von 115 Partnerinstitutionen finanziert wird (z.B. Harvard, MIT, Edinburgh, Erlangen). Diese bezahlen für 30 Bücher pro Jahr jeweils 1000€.
Die Abbildung zeigt Noam Chomsky vom MIT, der uns in der ersten Finanzierungsphase zusammen mit Steve Pinker (Harvard) und Adele Goldberg (Princeton) unterstützt hat. 2020 war die zweite Finanzierungsphase erfolgreich und Language Science Press hat jetzt über 170 Titel von über 1000 Autor*innen in 26 Buchreihen veröffentlicht.
Da die GmbH gemeinnützig ist, dürfen wir keinen Gewinn machen. Bisher wurden 0,00€ an mich ausgeschüttet, und das wird auch so bleiben. Der Zweck des Verlages war es, das Publikationsproblem (unzugängliche Publikationen bei astronomisch wachsenden Preisen und sinkendem Service durch Wissenschaftsverlage wie Elsevier, Springer, Wiley und De Gruyter) zu lösen. Wir haben dieses Problem gelöst. Zumindest für die Sprachwissenschaft. Zur Wirtschaftskompetenz: Wir haben gemeinsam mit der Ökonomin Debora Siller ein Geschäftsmodell entwickelt (Nordhoff, 2018). Dieses ist öffentlich zugänglich und wir hoffen auf Nachahmer*innen aus anderen Disziplinen oder auch aus der Sprachwissenschaft selbst.
Im Bundestag werde ich mich natürlich für Open Access einsetzen: Aus Steuermitteln finanzierte Forschung muss der Allgemeinheit zugänglich sein und darf nicht hinter Paywalls verschwinden. Aufgrund der Oligopolstrukturen im Verlagswesen werden Mondpreise für wissenschaftliche Veröffentlichungen verlangt. Diese Missstände gilt es zu beseitigen. Universitäten und die DFG arbeiten daran.
Nebentätigkeiten
Ich photographiere Musik-Events. Als ich die Chefin der Photograph*innenvereinigung zum ersten Mal getroffen habe und wir den Vertrag besprochen haben, habe ich gesagt, dass ich es gut fände, wenn die Kamera dabei rauskäme. Sie hat mich gar nicht verstanden. Sie dachte, ich hätte das Thema gewechselt und würde mich darauf freuen, dass es bald ein neues Kameramodell zu kaufen gibt. In der Event-Photographie verdient man heutzutage kein Geld mehr.
Früher hat man bei der taz so 100 DM pro Bild bekommen und die taz hat am wenigsten bezahlt (niemand verdient viel Geld bei der taz). Für das Nura-Bild kamen bei mir 6€ Honorar an. Der Vertrieb von Photos kann auf verschiedene Arten erfolgen. Für die Photograph*innen ist es das Beste, direkt an Zeitungen zu verkaufen, aber das ist nicht einfach, denn direkter Kontakt ist für die Redaktionen zu aufwendig und somit zu teuer. Heutzutage läuft alles über Datenbanken und Bildagenturen (imago, picture alliance). Die taz hat das Bild bei Imago gekauft und X€ dafür bezahlt. Einen Teil davon hat imago an meine Chefin weitergegeben, die unsere Datenbank verwaltet und Bilder an Redaktionen verteilt, und einen Teil davon habe ich bekommen. So läuft’s.
Aber das ist nicht alles. Es ist nicht nur so, dass die Einnahmen pro Bild dramatisch gesunken sind (regelt der Markt …). Die Zeitungen verwenden einfach skrupellos irgendwelche Handybilder ihrer Redakteur*innen. Wahrscheinlich finden das die Leser*innen nicht einmal schlimm. Wenn ich im Bundestag für irgendetwas lobbyieren würde, dann für eine gute visuelle Erziehung und künstlerische Ausbildung.
Vermögenslage
Ich bin seit 1994 im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft beschäftigt gewesen. Von 1994–1996 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und ich hatte das große Glück, eine ganze Stelle zu bekommen. Danach 1997–2003 an der DFKI GmbH in Saarbrücken. Die Tarife dort waren damals an IG-Metall-Tarife angelehnt, d.h. sie lagen deutlich über denen des öffentlichen Dienstes. Das, was ich da mehr bekommen habe, habe ich aber gleich bei der Deutschen Bahn abgegeben. Danach hatte ich diverse Professuren (W1 in Bremen, W3 an der FU Berlin und der HU Berlin). Was man da verdient, kann man in entsprechenden Tabellen im Netz nachlesen.
Das Geld habe ich alles verprasst! Mit teuren Einkäufen im Bio-Laden und einer neuen Kamera alle vier Jahre (ich arbeite im Low-Light-Bereich, da zählt jeder ISO-Schritt). Außerdem für Klamotten. Also ich selbst habe seit 1994 immer dieselben Sachen angezogen, aber die Kinder haben praktisch täglich andere Konfektionsgrößen und die szenetypische Kleidung ist sehr teuer.
Was dann noch übrig ist, geht in das Taschengeld der Kinder (Aber die Marlene bekommt viel mehr!). Da die Kinder Öko-Kinder sind (also Kinder von Ökos), dürfen sie sich für das Taschengeld nichts kaufen. Sie müssen es in Klimafonds anlegen. Sie sind inzwischen sehr reich.
Da ich aus dem Osten bin, gibt es kein anderes Vermögen wie zum Beispiel geerbtes Geld, Häuser oder Wohnungen (siehe auch Mau, 2020: 171). Alles, was ich besitze, stammt aus meinen Gehältern, Anlagen bzw. von der SoGeLa.