In Sie wissen nicht, was sie tun habe ich schon lang und breit über die jüngsten Korruptionsfälle in der cdU/csU geschrieben. Leider (oder zum Glück) hören die Meldungen über Korruptionsfälle und problematische Verflechtungen nicht auf.
Jens Spahn: Villa und Hartz IV
Spenden & Corona
Spahn hat sich am 20.10.2020 in Leipzig mit einem Dutzend Spendern getroffen, die insgesamt 119.988€ an die CDU bezahlt haben. Für die Teilnahme am Essen wurde eine Spende von 9.999€ erwartet. Bei 10.000€ liegt die Grenze, ab der die Namen der Spender*innen veröffentlicht werden müssen. Alles komplett legal.
Komisch aber: Corona & Party. Und Gesunheitsminister. Hm? Damals war die zweite Welle am Rollen und Spahn wurde einen Tag später positiv getestet. (taz, 05.04.2021)
Der MDR zitiert Spahn vom Tag vor seiner privaten Dinnerparty:
„Wir wissen vor allem, wo es die Hauptansteckungspunkte gibt. Nämlich beim Feiern, beim gesellig sein, zuhause, privat.“ Jens Spahn am Tag vor einer privaten Dinnerparty in Leipzig
Jens Spahn hat eine Villa mit sieben Zimmern und 515 m2 Wohn- und Nutzfläche für 4,125 Millionen Euro gekauft. Kann man ja machen außer, na ja, die Umweltaspekte. Dazu siehe unten. Aber ansonsten ist es ja die Privatsache von Menschen, was sie mit ihrem hart verdienten Geld machen. Oder? Wie? Er hatte das Geld gar nicht und hat es sich geborgt? Aber das ist doch auch OK. Dafür gibt es ja die Banken. Sie prüfen die Kreditwürdigkeit von Personen und vergeben dann Kredite. Wenn es eine Aussicht auf Rückzahlung gibt, dann kriegt man – entsprechende Eigenbeteiligung vorausgesetzt – einen Kredit. Aber wie war das bei Spahn?
Seit 2015 hat sich Spahn – teilweise gemeinsam mit seinem Ehemann – bei der Sparkasse Westmünsterland 5,5 Millionen Euro geliehen. Zählt man den Anteil der stets an den Krediten beteiligten Provinzial-Versicherung dazu, kommt man auf eine Darlehenssumme von insgesamt 6,35 Millionen Euro. Bis Juli 2015 saß Jens Spahn selbst im Verwaltungsrat der Sparkasse Westmünsterland, einem Gremium, das die Geschäfte der Bank überwacht.
Ups. Der kurze Dienstweg sozusagen. Die Zeit dröselt das noch weiter auf. Spahn hat gemeinsam mit seinem Mann mehrere Wohnungen gekauft und Kredite über den gesamten Wert bekommen. Das funktioniert super, denn die Mieter bezahlen den Kredit ab. Die Bank muss das nur auch glauben und sich sicher sein, dass der Kredit zurück gezahlt wird. Schon mal als Freischaffender einen Kredit bekommen? Ist nicht so leicht. Es hilft aber natürlich, wenn man schon ein paar Wohnungen hat. Oder eben Minister ist. Oder mit den Vorständen der Bank im selben Buddelkasten gespielt hat.
Spahn hat diese Beziehungen, auch nach seinem Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat der Bank. Sein Nachfolger dort heißt Markus Jasper, er war Spahns persönlicher Referent und ist heute Geschäftsführer der CDU im Kreis Borken. Und der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrats der Sparkasse Westmünsterland heißt Kai Zwicker, er ist ein langjähriger Parteifreund Spahns und der Borkener Landrat.
Wer mit Mitgliedern der CDU und anderer Parteien im Westmünsterland spricht, hört immer dieselbe Geschichte: wie Spahn, Jasper und Zwicker sich seit ihrer gemeinsamen Zeit bei der Jungen Union gegenseitig unterstützen. Verbindungen, die bis heute halten.
Auch die Personen, von denen Spahn die Immobilein gekauft hat, sind interessant: Einem von ihnen, dem Ex-Pharma-Manager Markus Leyck Dieken, hat Spahn eine Position verschafft und das Festgehalt für die Position in einer dem Gesundheitsministerium unterstellten Firma mal eben um 110.000€ auf 300.000€ erhöht. Klar. Gibt ja immer ein bisschen Inflationsausgleich. Die Wohnung, die Spahn für 980.000€ von ihm gekauft hatte, wurde nach nur drei Jahren für 1.585.000€ zum Kauf angeboten (tagesspiegel, 18.02.2021). Klar, der Berliner Immobilienmarkt dreht gerade frei, aber 600.000€ Wertzuwachs in drei Jahren ist schon ordentlich. Und es gibt eine Spekulationssteuer. Normalerweise verkauft man Immobilien nicht nach drei Jahren sondern frühestens nach zehn Jahren, wenn dann diese Steuer nicht mehr anfällt. Aber vielleicht war ja unser Gesundheitsminsiter etwas verplant. Allerdings ist er Bankkaufmann, er wird also wohl genau gerechnet haben.
Spahn fand es nicht so prickelnd, dass seine Immobiliengeschäfte öffentlich diskutiert werden. Prinzipiell hat er da auch Recht, denn wie gesagt, was Menschen mit ihrem hart verdienten Geld machen, gehört zur Privatsphäre. Ehm. Er wollte deshalb dem Tagesspiegel verbieten, darüber zu berichten und hat vor dem Oberlandesgericht Hamburg geklagt. Das Gericht hat entschieden, dass Berichterstattung OK ist, aber dass der genau Preis niemanden zu interessieren habe. Das Gericht hat auch festgestellt, dass die Villa sehr teuer ist und dass hochrangige Politiker*innen den Wähler*innen Rechenschaft schuldig sind (Spahn war damals noch als Kanzlerkandidat im Gespräch), insbesondere, wenn klar ist, dass eine solche Villa vom Ministereinkommen, was ja auch auf die jeweilige Wahlperiode beschränkt ist, nicht finanzierbar ist. Auch Aussagen Spahns wie die, dass Harzt IV zum Leben ausreiche, hat das Gericht thematisert. Spahn habe sich „mit zahlreichen auch pointierten öffentlichen Aussagen als besonders streitbarer Vertreter einer konservativen Politikrichtung besonders profiliert“. (Zeit, 05.05.2021)
Spahn hat inzwischen die Klage zurückgezogen. Man darf also sagen, dass die Villa 4,125 Millionen Euro gekostet hat. Sie hat 4,125 Millionen Euro gekostet.
Hartz IV
Vielleicht glaubt ja Jens Spahn wirklich, dass man von Hartz IV leben kann. Wahrscheinlich kennt er niemanden, der Hartz IV oder Sozialhilfe bekommt oder von Mindestrente leben muss. Ich gebe Euch mal ein Beispiel dafür, wie das so ist mit Mindestrente. Herbert, ein guter Freund von mir hatte ein Problem mit den Zähnen. Er brauchte eine Brücke und dafür gab es eine Lösung, für die die Krankenkasse nicht die kompletten Kosten übernommen hätte. Tja. Und nun? Woher nehmen und nicht stehlen?
Ich habe Herbert angeboten, das zu übernehmen. Er hat mich gefragt, ob ich ihn beleidigen wolle. Wir haben dann einen Weg gefunden: Ich habe ihm das Geld überwiesen und er hat mir immer 5€ pro Monat zurücküberwiesen. Nach dem Einsetzen der Brücke hat er sich begeistert bei mir bedankt. Er könne jetzt wieder kauen und das Essen wäre ein Genuss, denn er würde wieder etwas schmecken.
Wenn Sie jetzt sagen: „Na, sehen Sie, er hatte doch 5€ übrig.“ Dann sage ich: „Glückwunsch, Arschlochtest bestanden. Bitte verlassen Sie diese Web-Seite sofort. Es gibt hier nichts zu sehen.“ Dieses Geld hat mein Freund normalerweise gespart, damit er seinen Kindern etwas zu Weihnachten und zum Geburtstag schenken konnte. Nichts Großes. Obviously. Mal so einen riesigen LEGO-Baukasten für 100€ zu Ostern ist nicht.
Umweltaspekte
Davon abgesehen, stellt sich in Bezug auf Spahns Villa die Frage, ob man als kinderloses Ehepaar 515 m2 Wohnfläche braucht. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in Deutschland lag 2018 bei 46,7 m2 und das ist zu hoch. Aus Klimagründen wäre eine Reduktion um 25% anzustreben (A Societal Transformation Scenario for Staying Below 1.5°C). Das wären dann 35m2.1 Selbst im Vergleich zu 46,7 m² sind 257 m² dann doch ’n bisschen krass, ne? Ist mehr als das Fünfeinhalbfache. Die Autor*innen der Studie Shift the focus from the super-poor to the super-rich, die 2019 in Nature Climate Change erschienen ist, haben genau darauf hingewiesen: Die Superreichen erzeugen mit ihrem Lebensstiel einen CO2-Austoß, der über allem liegt, was wir uns vorstellen können. In einem gut isolierten Haus (Passivhausstandard) braucht man minimale Heizenergie, da die Körperabwärme und Wärme, die beim Kochen und Duschen entsteht, ausreicht. Das klappt bei 515m2 und zwei Personen aber nicht im Ansatz.
Transparenz: Der Politikkodex
Marco Bühlow und Martin Sonneborn haben mit plattform.PRO einen Politikkodex ausgearbeitet, der die Einflussnahme von Spender*innen begrenzen soll und generell für mehr Transparenz sorgen soll.
Es ist geplant, dass alle Kandidat*innen die für die Partei Die PARTEI antreten, diesen auch unterschreiben. Ich habe das bereits getan. Wenn Ihr also mit mir für 9.999€ essen gehen wollt, müssen wir das offenlegen. Laut Politikcodex ab 2.000€. Aber es wäre ja für eine gute Sache, da wäre es eh nicht schlimm, wenn Euer Name genannt würde. Ich würde das Geld dann für die Manipulation von Menschen auf Facebook einsetzen (siehe Post Facebook is evil). Wenn Ihr mir ohne Werbung einfach so auf Facebook folgt, wäre das natürlich auch gut.
Im Zusammenhang mit der Transparenzerklärung musste ich leider mein gesamtes Vermögen offenlegen, all meine Firmenbeteiligungen, und es gibt so einige. Lokale, regionale, nationale und globale. Ja, ich habe eine global agierende Firma gegründet, die inzwischen über 1000 Mitarbeitende hat und außer in der Antarktis auf allen Kontinenten vertreten ist. Und ich werde im Bundestag gnadenlos für diese und ähnliche Firmen arbeiten. Nur dass Ihr’s wisst. Aber es ist eben transparent und das ist wichtig. Wenn Ihr wissen wollte, was das für Firmen sind, müsst Ihr die Transparenzerklärung lesen.
Sag’s mit Musik
Und zum Abschied sag ich leise Servus. Heute mit Toxoplama und ihrem Wahlwerbespott für die CDU. Das Video ist von 2013, aber sonderbar aktuell. Viel Spaß!
Otto, Ilona M. & Kim, Kyoung Mi & Dubrovsky, Nika & Lucht, Wolfgang. 2019. Shift the focus from the super-poor to the super-rich. Nature Climate Change 2(9). 82–84. (doi:10.1038/s41558-019‑0402‑3)
Warnung: Auf dieser Seite ist nichts lustig. Glaubt Ihr nicht? Dann lest den Text eben.Wenn Ihr lieber was Lustiges wollt, lest die FAQ.
Als Ossi freut es mich sehr, dass Stefan Müller (csU) über Fit schreibt. Fit ist im Osten ein Markennahme, der wie Spüli im Westen für Spülmittel allgemein verwendet wird bzw. wurde.
Nur was hat Spülmittel mit Gesundheit zu tun? Das scheint mir nicht zusammenzupassen, wie so vieles auf der Webseite. Also lassen wir Fit erstmal weg und beschäftigen uns mit Gesundheit.
Wie Stefan Müller von der csU bin ich begeisterter Sportler, laufe 10–20 km und fahre Rad (–165 km). Auch gegen den Einsatz für ein gut funktionierendes Gesundheitssystem und den Ausbau der Medizintechnik in Erlangen ist nichts zu sagen.
Gesundheit ist die Voraussetzung für alles. Im Krankheitsfall die bestmögliche Behandlung zu bekommen und wieder gesund und fit zu werden, wünscht sich jeder. Dazu braucht es leistungsfähige Medizin und Pflege mit den besten Methoden und unterstützenden Technologien. Sport ist der Schlüssel zu Fitness bis ins hohe Alter.
Erlangen als Zentrum für Forschung und Entwicklung in der Medizintechnik weiter zu entwickeln und Sport in allen seinen Facetten zu fördern, ist mir wichtig.
Allerdings gibt es etwas weiter unten auf der Seite bereits die ersten Inkonsistenzen und auch ansonsten sollte man sich sehr sorgfältig überlegen, ob man einen CSU-Politiker wählen möchte, wenn einem Gesundheit am Herzen liegt. Das möchte ich im Folgenden genauer besprechen.
Lärm
Verkehrslärm ist gesundheitsschädigend. Er sorgt für Herz- und Kreislaufkrankheiten, Diabetes mellitus, Depressionen, Psychosen und Schizophrenien, Demenz und Morbus Alzheimer und Krebs, verursacht durch permanenten Stress. Das betrifft vor allem Menschen, die direkt an stark befahrenen Straßen wohnen. Das sind meistens arme Menschen, die sich ruhigere Wohngegenden nicht leisten können. Folgendes Zitat findet sich auf Stefan Müllers Webseite:
Viele warten schon lange auf die Realisierung der Lärmschutzeinrichtungen an A3 und A73. Deshalb kämpfe ich weiter für den Aus- und Umbau der Autobahnen und Bundesstraßen in meinem Wahlkreis, ohne den Lärmschutz nicht umsetzbar ist.
Das ist sehr interessant, denn er möchte Autobahnen ausbauen, um den Lärm zu bekämpfen. Hm. Es ist zwar klar, dass Schallwellen sich auslöschen können, aber so ganz will mir nicht einleuchten, wieso ein Ausbau helfen soll. Auf diese Weise könnte man mit einer Autobahn die andere bekämpfen, aber an den jeweiligen Außenseiten bleiben die Probleme bestehen. (Oh, jetzt war ja doch eine fast lustige Stelle im Text.)
Ich sehe zwei Möglichkeiten, den Lärm zu reduzieren:
Tempolimit
Reduktion des Verkehrs
Das Tempolimit schlage ich hier gern vor, denn fast zwei Drittel der Deutschen sind dafür. Das zeigen verschiedene Umfragen. Zum Beispiel eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Targobank (6/2019) und eine Umfrage der Welt (1/2019).
Komischerweise wird trotz vorhandener Mehrheiten kein Tempolimit eingeführt. Woran liegt das bloß? Am Auto-Kanzler Schröder (1998–2005) und der CSU, die seit 2009 ununterbrochen den Verkehrsminister stellt?
Wie könnte man den Verkehr reduzieren? Ausbau der Bahn? Steuern auf CO2? Wieso passiert das nicht? Ach so, ja, die CSU/CDU mag das nicht so. Warum eigentlich nicht? Vielleicht, weil ihr ganzer Partei-Apparat von den Spenden der Autoindustrie lebt? 2013 hat die cdU zum Beispiel 690.000€ von der Familie Quandt, Hauptaktionären von BMW, erhalten, nachdem sie die Abgasnorm in der EU hat scheitern lassen (siehe auch Spiegel, 2013):
Na, vielleicht dann später mit der neuen Kanzlerin.
Halt, halt, der Andreas Scheuer hat doch gerade den grandiosen Nationalen Radverkehrsplan 3.0 mit ganz viel Geld auf den Weg gebracht. Ist er nicht doch ein Guter? Aber solche Pläne gab es schon vorher 2002 und 2012 und die haben die Lage der Radfahrer*innen nicht verbessert (zu den Vorgängerplänen siehe taz, 26.04.2021). Mit dem neuen Plan wird viel Geld bereitgestellt. Dieses müssen aber Bund, Länder und Kommunen abrufen. Scheuer appelliert nur an sie, was dann umgesetzt wird, ist völlig offen.
Ob Kommunen, Länder oder der Bund die Vorschläge aufgreifen, bleibt ihnen überlassen. Völlig zu Recht fordert der ADFC einen Aktionsplan, damit die Pläne überhaupt die Chance haben, umgesetzt zu werden. Ohne so ein konkretes Programm bleibt Scheuers Vorstoß unglaubwürdig.
Das gilt besonders für das Thema Sicherheit. Bis 2030 soll die Zahl der im Verkehr getöteten Radfahrer:innen gegenüber 2019 um mindestens 40 Prozent sinken. Ein ähnliches Ziel hatte der Vorgängerplan. Tatsächlich ist die Zahl der getöteten Radfahrer aber gestiegen. 2011 verloren 399 Radfahrende ihr Leben, im Jahr 2019 waren es 445 Menschen.
Scheuer ist ein Autominister und sagt selbst, dass der Radausbau nicht auf Kosten des Autoverkehrs erfolgen soll:
Das soll allerdings nicht auf Kosten der Autofahrenden erfolgen. „Wir haben den Plan so gestaltet, dass es nicht gegen das Auto, sondern um ein Miteinander geht“, betonte er.
Tja, wie dann? Dann ginge es ja nur so, dass man die Straßen breiter macht. Dazu siehe unten #Zoonosen. In Städten funktioniert das aber auch nicht und wenn wir den Lärm und Umweltbelastungen reduzieren wollen, brauchen wir eine Verkehrswende und nicht das, was die csU/cdU macht.
Außerdem hat sich Scheuer gegen höhere Strafen bei extrem zu hohen Geschwindigkeiten ausgesprochen.
Zusammenfassung: Wenn einen der Lärm nervt, sollte man nicht csU wählen. Zum Glück gibt es ja bei dieser Wahl einen alternativen Stefan Müller.
Eins noch. Sorry, das kann ich nicht weglassen:
Dieses Bild ist extrem zynisch! Ein Fenster mit Loch links vs. ein glückliches kleines Mädchen, das uns durch das Schallschutzfenster anlächelt. Ich habe 10 Jahre in der Einflugschneise des Flughafens Tegel gewohnt und kann nur sagen, dass Lärmschutzfenster nur bedingt etwas nützen, denn sobald man die Wohnung verlässt oder die Fenster öffnet, ist der Schutz dahin. Balkon? Vergiss es! Klimakatastrophe? Aufgeheizte Stadt? Nachts lüften? Vergiss es! Man könnte nur mit einer Lüftung dort wohnen. Ist es das wert? Spielen an einer 12 Meter hohen Mauer, hinter der es brummt?
Sport – umsonst und draußen
Während der Corona-Pandemie sind viele von uns im Homeoffice gefangen. Firmen wie Siemens planen, Beschäftigten das Recht auf Homeoffice auch nach der Pandemie einzuräumen. Wege von und zur Arbeit fallen weg, wir werden noch mehr zu Sesselpupsern. Selbst die, die sonst mit dem Auto fahren würden, müssen nicht mal mehr zum Auto laufen. Hier braucht es dringend Ausgleich. Zum Beispiel kann man den Einkauf auch mit dem Fahrrad erledigen. Wie geht nicht? Doch geht.
Ein riesiger Einkauf lässt sich per Lastenrad bequem transportieren. 1 1/2 Kinder hätten auch noch reingepasst. Ohne Einkauf passen vier Kinder ins Rad. Und die haben Spaß! Und sie sitzen dabei vor einem. Das ist viel besser, als wenn Kinder im Auto Spaß haben .…
Für Anfänger gibt es auch Lastenräder mit Motor. Die Räder sind stabil und man kann mit ihnen auch bei Schnee fahren, weil die Gefahr wegzurutschen nicht besteht.
Für Eure Gesundheit, für weniger Lärm durch weniger Verkehr, für die Umwelt werde ich mich für die Förderung von Lastenrädern stark machen. Zumindest für Stadtmenschen ist ein autofreies Leben möglich. Ich weiß das, denn ich hatte noch nie eins.
Ernährung
Ein Punkt bei der Gesundheit ist auch die Ernährung. Die könnte man auf zweierlei Arten und Weisen verbessern.
Lebensmittelampel
1) Könnte man den Verbraucher*innen bei der täglichen Entscheidung, was eingekauft wird, helfen, indem man Lebensmittel kennzeichnet. Salzgehalt, Zuckergehalt, Fettgehalt. Insbesondere in hoch verarbeiteten Lebensmitteln wie Fertigpizza ist von allem zu viel drin. Menschen essen das gern, weil diese Zutaten selten waren und wir uns entsprechend entwickelt haben. Würde man die Zutaten mittels Lebensmittelampel kenntlich machen, würde das den Verbraucher*innen helfen. (Und lustigerweise sind wieder 2/3 der Bundesbürger*innen für so eine Ampel, Umfrage Emnid für foodwatch, 2009.) Krankenkassen und Ärzteverbände haben sich für die Lebensmittelampel ausgesprochen:
Im August 2009 forderten die gesetzlichen Krankenkassen die Bundesregierung und die für die Bereiche Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz zuständigen Europa-Politiker auf, sich für die Kennzeichnung von Lebensmitteln anhand des Ampel-Systems einzusetzen. In dem offenen Brief schrieben sie unter anderem: „Die Intransparenz über die Zusammensetzung eines ständig wachsenden Lebensmittelangebots und die hinzukommenden irreführenden Werbeversprechen der Hersteller konterkarieren unser Engagement für einen gesunden Lebensstil.“[18]
Im März 2010 forderten Vertreter des deutschen Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte sowie der Vereinigung der europäischen Kinderärzte die Einführung des Ampel-Systems. An die Abgeordneten des EU-Parlaments schrieben sie unter anderem: „Wir bitten Sie dringend, nicht nur die Interessen der Nahrungsmittelindustrie zu unterstützen.“[19]
Die Einführung der Ampel wurde 2008 von CDU/CSU, SPD und FDP abgelehnt. Horst Seehofer (csU) war damals übrigens Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Ampel ist bis heute nicht verpflichtend eingeführt. Unsere Landwirtschaftministerin Julia Klöckner kuschelt stattdessen lieber mit den Verantwortlichen bei Nestlé und freut sich über Selbstverpflichtungen.
Video aus einem Tweet vom 03.06.2019 von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zu einem Treffen mit Nestlé
Fleisch
2) Gibt es ein Problem mit Fleisch. Die Deutschen essen zu viel Fleisch. Mehr Fleisch als für sie selbst und für das Klima gut ist. (zu Klima und Gesundheit siehe unten)
Männer essen doppelt so viel Fleisch/Wurst wie Frauen. Bayern und der Osten sind Spitzenreiter. Quelle: Fleischatlas, 2013.Die Deutschen sind international weit vorne beim Fleischkonsum. Sie essen mehr als doppelt so viel wie von Ernährungsexpert*innen vorgeschlagen wird. Bild aus der Ausstellung Artefakte im Naturkundemuseeum, Berlin, 03.03.2019, Bild: Stefan Müller, CC-BY
Hier könnte man die Reduktion von Fleischkonsum auf verschiedene Arten und Weisen fördern: zum Beispiel vegetarische Angebote in Kantinen und Mensen. Das würde auch durch die Massentierhaltung verursachten Probleme reduzieren.
Lebensmittelhygiene
Auch direkt gesundheitsrelevant ist die Lebensmittelhygiene. Dazu findet man folgendes in Wikipedia:
Über den Hygieneskandal bei Müller-Brot (2010–2012), als große Mengen von mit Schaben, Mäusekot u. a. Schadstoffen belasteten Backwaren an Verbraucher verkauft wurden, soll Söder als Gesundheitsminister laut Presseberichten bereits 2010 einen Bericht erhalten haben.[73] Einen endgültigen Produktionsstopp verhängte das ihm unterstehende Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit aber erst 2012. In der Diskussion über das Informieren der Verbraucher wurde gefordert, dass lebensmittelverarbeitende Betriebe dazu verpflichtet werden sollten, Kontrollergebnisse zu veröffentlichen. Für die Einführung einer bundesweiten Hygieneampel für Lebensmittelbetriebe stimmten 15 Bundesländer; Söder hingegen legte für Bayern ein Veto ein und verhinderte somit deren Einführung. In diesem Zusammenhang äußerte auch der Bundesvorsitzende des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure Unverständnis für das Vorgehen im Fall Müller-Brot. Es könne nicht sein, dass der Verbraucher von den seit 2009 erfolgten 21 Kontrollen, den mehrfach zurückgerufenen Waren und den insgesamt verhängten 69.000 Euro an Buß- und Zwangsgeldern nichts erfahre.
Wikipedia-Artikel über Markus Söder, abgerufen am 27.04.2021
Mehr muss man dazu nicht sagen. Schaben sind nicht nur für Vegetarier*innen eklig.
Zoonosen
Es gibt immer mehr sogenannte Zoonosen. Das sind Krankheiten, die vom Tier auf den Mensch überspringen, wie zum Beispiel COVID-19. Der Grund hierfür ist, dass immer mehr Tiere immer näher am Menschen leben. Und der Grund dafür ist, dass wir ihnen ihre Lebensräume wegnehmen. Zum Beispiel durch Autobahnen. Dass wir eine Autobahn durch einen Jahrhunderte alten Forst bauen, weil man einen Bundesverkehrwegeplan nicht ändern kann. Zumindest, wenn der Verkehrsminister Andreas Scheuer heißt und von der csU kommt.
Die Rebel Riders von Extinction Rebellion fahren per Rad zur Montagsdemo Klimamontag von Berlin4Future. An verschiedenen Stellen gibt es Reden. Hier demonstrieren Aktivist*innen vor dem Sitz des VDA, dem Lobbyverband der Automobilindustrie. Berlin, 07.09.20, Bild: Stefan Müller, CC-BY
Krisentauglichkeit korrupter Parteien und Wissenschaftsfeindlichkeit (Corona)
Wenn Euch die Gesundheit wichtig ist, dann wählt nicht csU/cdU. Die Unions-Politiker sind in der Pandemie durch diverse Statements aufgefallen, die davon zeugen, dass sie wissenschaftliche Ergebnisse nicht kannten, nicht verstanden haben oder einfach ignoriert haben.
„Ja, wir haben dieses Virus unterschätzt, alle miteinander.“ Statement von Michael Kretschmer (cdU) zu den Verschärfungen der Corona-Maßnahmen am 02.12.2020
Volker Bouffier (CDU, Ministerpräsident, Hessen) wollte nicht vorgehalten bekommen, was jemand vor acht Wochen gesagt hat:
Jeder, der behauptet, das hätte man alles schon vor acht Wochen wissen müssen – mit so was will ich mich nicht auseinandersetzen.
Und Armin Laschet (cdU, zukünftiger Vizekanzler) träumte vom Frühling und dass die hochansteckende Virusmutation sich da schon irgendwie selbst verkrümeln würde. Und Markus Söder (csU) ist auch nicht schlecht, denn nach einer vergurkten Ministerpräsidentenkonferenz verfasst er eine Regierungserklärung, aus der die csU dann folgendes zitiert:
Regierungserklärung der Landesregiereung in Bayern.
Das ist höchstes Schwurbelniveau. Und ein Fußtritt ins Gesicht der Angehörigen derjenigen, die an Corona gestorben sind.
Und als wäre das alles nicht genug, gab es als Zugabe noch ein paar Korruptionsskandale, die ebenfalls mit Corona zusammenhängen (siehe Sie wissen nicht, was sie tun).
Und hey, Jens Spahn (cdU) mochte ich eigentlich immer, aber er hat sich zu einem Essen mit einem Dutzend potentiellen Spendern getroffen (Teilnahme Essen = 9999€ = der Betrag, der bei Parteispenden nicht offen gelegt werden muss; LobbyControl) und war dabei schon mit Corona infiziert. Der Gesundheitsminister!
Das ist .… Aber noch schlimmer als legal bis an die Grenze zu gehen, was die Höhe von Parteispenden angeht, ist es, sich einfach so zu bereichern. Das nennt man Korruption. Georg Nüßlein (csU) und Nikolas Löbel (cdU) stehen im Verdacht, für Schutzmaskendeals jeweils sechsstellige Provisionen bekommen zu haben: Georg Nüßlein wohl über seine Firma 660.000€ (ohne Umsatzsteuervoranmeldung, taz 26.02.2021)
660.000€ sind ne Menge Geld. Aber das kann man toppen: Alfred Sauter (csU) steht im Verdacht 1.000.000€ für Maskendeals bekommen zu haben (taz, 17.03.2021).
Wenn im Gesundheitssystem zugunsten derjenigen entschieden wird, die die höchsten Bestechungssummen bezahlen, dann ist das sehr bedenklich.
Wer zu diesem Thema noch nicht genug hat, kann sich das REZO-Zerstörungsvideo ansehen. REZO trägt alles mit angemessenem Schwung vor.
Klima & Gesundheit
Wir stehen vor großen Veränderungen. Hitzewellen im Sommer werden häufiger und extremer werden. Das hat massive Auswirkungen auf die Gesundheit. Zum Beispiel sind im Hitzesommer 2003 in Europa 45.000–70.000 Menschen hitzebedingt gestorben.
Hitzewelle über Europa 2003, Quelle: Wikipedia Giorgiogp2 — Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0.
Die Wikipedia-Seite zum Hitzesommer mit all den Details ist lesenswert. Entsprechende Wetterlagen (Omega-Lagen) sind in den letzten Jahren häufiger geworden, was zu länger andauernden Hitzewellen führt.
Hitze ist jedoch nicht das einzige Problem:
Professor Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, benannte einige der gesundheitlichen Klimawandelfolgen aus epidemiologisch-wissenschaftlicher Perspektive: direkte Auswirkungen durch Hitzestress bei steigenden Temperaturen mit erhöhter Morbidität und Mortalität, Extremwetter, Hautkrebs durch UV-Schäden, indirekte Auswirkungen in Form von Pollenallergien, Erkrankungen durch Luftschadstoffe, die Zunahme durch Mücken oder Zecken übertragener Infektionskrankheiten, Keime in Badegewässern, Wasserknappheit. Letzteres auch in Deutschland: 2020 wurden regional Wasserlieferungen nötig. [siehe taz, 09.08.2020]
Silvian Griesel von der Charite und von Health for Future und KLUG spricht bei Demo von Extinction Rebellion, Berlin, Invalidenpark, 05.10.2020
Prof. Claudia Traidl-Hoffmann sagt im taz-Interview folgendes:
Schlaganfälle nehmen zu. Gerade bei warmem, feuchtem Wetter kommt es zu Veränderungen in den feinen Blutgefäßen, dann verstopfen Hirnarterien, das Gewebe wird nicht mehr richtig mit Blut versorgt. Wunden heilen bei Temperaturen über 40 Grad schlechter, die Erholung nach Operationen dauert länger. Typ-2-Diabetes nimmt zu.
Wenn Euch Eure Gesundheit und Euer Leben lieb ist, wählt niemals csU! Die csU ist maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass in den letzten Jahren viel zu wenig im Bereich Klimaschutz passiert ist. Wir brauchen eine Verkehrswende, eine Ernährungswende und eine Agrarwende. All diese Wenden blockiert die csU. Der Einfluss verschiedenster Lobbyorganisationen ist erst in diesem Jahr wieder recht deutlich geworden.
Die gute Nachricht: Es gibt eine Alternative zu Stefan Müller (csU): Stefan Müller (für Die PARTEI).
PS: Tut mir Leid. Hier war nichts lustig. Vielleicht fällt mir später noch was ein. Ha, mir ist was eingefallen, eine der angegebenen Quellen ist lustig.
Ein führendes Mitglied der Partei Die PARTEI hat mich darum gebeten, den Politikkodex zu unterschreiben. Dabei geht es um Transparenz und darum Lobbyismus zu erschweren. Die Höchstsätze für private Zuwendungen und Parteispenden sollen reduziert werden und von Unterzeichnerinnen wird erwartet, dass sie Firmenbeteiligungen und andere potentiell ihre Haltung als politische Mandatsträger*innen beeinflussende Faktoren offenlegen. Ich halte Lobbyismus für eins der Grundübel unserer Zeit und auch für einen der wichtigsten Gründe dafür, warum die Regierung uns Klimapäckchen schickt und der Kohleindustrie Milliarden schenkt, statt einfach den Markt entscheiden zu lassen (in UK sind die Kohlekraftwerke unrentabel und schließen selbst) bzw. einen Bruchteil der Entschädigungen nimmt und RWE kauft und dicht macht (der Börsenwert ist nicht hoch). Autoindustrie und Tempolimit ist eine andere Geschichte. Also: Politikkodex hurra!
Nebenbemerkung: Der Mann, gegen den ich antrete, scheint das irgendwie anders zu sehen. Er hat im Bundestag gegen Transparenzreglungen gestimmt.
Der zur Zeit in den Bundestag abgeordnete Stefan Müller hat gegen Transparenzreglungen für Abgeordnete gestimmt. Quelle: Abgeordnetenwatch.
Beim Nachdenken über den Politikkodex ist mir aufgefallen, dass ich an sehr, sehr vielen Firmen beteiligt bin. Eine ist ein Bank und eine andere habe ich sogar selbst mitgegründet. Also hier jetzt der Transparenzpost. Ich hoffe, dass mich danach noch jemand wählt. Trotz der heftigen Verstrickungen in lokal, national und global agierende Firmen und meiner Nebentätigkeit.
Aber fangen wir vielleicht mit etwas an, das mir leichtfällt: Transparenz und Dienstreisen.
Transparenz
Der Politikkodex verlangt die Offenlegung von Kontakten mit Interessenvertreter*innen:
2.10 Kontakte/Treffen mit Interessenvertreter*innen mit Nennung des Datums, des Themas, der Person, der Institution, der Agentur, der Kanzlei, der Denkfabrik etc. transparent machen (z.B. durch Veröffentlichung auf der eigenen Internetseite).
Ich werde alles, was ich tue, auf twitter bekanntgeben (mache ich jetzt schon). Ich folge dabei dem Vorbild von Julia Klöckner, die ihr Treffen mit Nestlé ebenfalls auf twitter bekanntgegeben hat:
Video aus einem Tweet vom 03.06.2019 von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zu einem Treffen mit Nestlé
Ich verspreche ebenfalls, dass ich vor einem etwaigen Treffen mit Vertreter*innen von Nestlé, den Film We feed the world – Essen global mindestens drei mal ansehen werde (ein Mal war schon schlimm genug).
Dienstreisen
Der Politikkodex verlangt von Kandidierenden und politischen Mandats- und Amtsträger*innen, Dienstreisen öffentlich zu machen und Flugreisen zu reduzieren:
2.17 Dienstreisen ins Ausland mit einem Reisebericht öffentlich transparent machen unter Offenlegung des Reiseziels, des/der Einladenden und der Kostentragung. Flugreisen reduzieren und wenn möglich durch Videokonferenzen ersetzen.
2.18 Amts-/Mandatstätigkeit so umweltschonend wie möglich ausüben (dies gilt in besonderer Weise für Reisen und dienstliche Mobilität).
Verkündung der Ergebnisse der Selbstverpflichtungsaktion gegen Kurzstreckenflüge bei Fridays4Future-Demo am Brandenburger Tor, Berlin, 20.09.2019. Die meine Uni, die Humboldt-Univeristät, hatte sowohl prozentual als auch absolut das beste Ergebnis.
Die Aktion wurde dann als #unter1000 auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet (unter1000.scientists4future.org) und bis Corona das Interesse am Fliegen bzw. Nicht-Fliegen gegroundet hat, haben wir 4141 Verpflichtungen von an deutschen Forschungseinrichtungen tätigen Wissenschaftler*innen eingesammelt.
2.19 Kosten der Amts-/Mandatstätigkeit so gering wie möglich halten.
Auszug aus dem Politkodex, 18.04.2021
Der Punkt 2.19 steht zur Zeit leider im Widerspruch zu Punkt 2.17 und 2.18. Das liegt daran, dass Flugreisen oft billiger sind als die viel ökologischeren Zugreisen. Mit diesem Thema haben wir uns bei S4F schon beschäftigt. Als Bundestagsabeordneter werde ich mich dafür einsetzen, dass die Befreiung des Flugverkehrs von der Kerosinsteuer beendet wird und dass die Tonne CO2 wie vom Umweltbundesamt vorgeschlagen mit mindestens 180€ eingepreist wird und somit Flugreisen nur ihren realen Kosten entsprechend angeboten werden können. Damit wäre die Bahn dann wieder billiger.
So viel zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen. Nun zu meinen Firmenbeteiligungen.
Firmenbeiteiligungen
Taz, die Tageszeitung Verlagsgenossenschaft eG
Die Firma, an der ich die meisten Anteile besitze, ist die taz. Ich bin Genossenschaftler und habe Anteile im Wert von 2500€ gekauft. Diese Anteile verlieren ständig an Wert. 2018 betrug der Wert 84,25% der Einzahlungssumme. Ich weiß das so genau, weil ich meine Anteile 2019 kurz mal gekündigt habe, weil ich Geld für das Demokratie-Klima-Projekt 120620olympia brauchte und die taz durch ihre Berichterstattung (taz lügt nicht) dazu beigetragen hatte, dass die 2 Millionen Euro, die per Crouwd-Funding eingesammelt wurden, fast nicht zusammen gekommen wären (siehe Warum mein taz-Kreditplan nicht funktionert hat). taz-Genosenschaftler*innen bekommen von der Genossenschaft kein Geld. Dafür aber eine gute Zeitung.
Kräutergarten Pommerland eG
Außerdem besitze ich für 500€ Anteile an der Kräutergarten Pommerland eG. Die machen den leckersten Kräutertee der Welt. Irgendwann hatte unser Dealer die ausgelistet, da habe ich die Dinge selbst in die Hand genommen. Der Kräutergarten ist ebenfalls als Genossenschaft organisiert. Geld haben die Genossenschaftler*innen noch nie bekommen. Dafür guten Tee.
BRD GmbH
Nein! Die BRD GmbH gibt’s gar nicht. Das ist Nazi-Quatsch. Da kommt nichts bei raus. Kein Geld, keine Zeitung, kein Tee, kein Ökostrom. Nur Ärger. Hoffentlich Ärger.
GLS Bank eG
Ich besitze auch eine Bank. Also einen Teil einer Bank. Ich habe Genossenschaftsanteile für 500€ gezeichnet. GLS steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Wie bescheuert ist das denn? Eine Bank, die Geld verschenkt? Ja, da muss man schon ziemlich idealistisch drauf sein. Die GLS Bank fördert nachhaltige Projekte. Früher wurde das über niedrigere Zinsen für die Anleger*innen finanziert. Da es zur Zeit aber für niemanden Zinsen gibt, ist es etwas schwierig. Geld bringt mir dieses Investment also keins. Aber gute Laune.
SoGeLa eG
Meine kommerziell erfolgreichste Firmenbeteiligung ist die an der SoGeLa (Solargenossenschaft Lausitz eG). Auf die SoGeLA bin ich durch einen Artikel in der taz aufmerksam geworden (Solardächer statt Abraumhalden). Vattenfall wollte 2011 die Dörfer Kerkwitz, Atterwasch und Grabko wegbaggern. Die Anwohner*innen von Kerkwitz hatten die Idee, Vattenfall maximal effektiv und symbolisch zu ärgern. Sie haben eine Genossenschaft gegründet, die Solarzellen auf das lokale Feuerwehhaus gebaut hat. Sollte der Ort weggebaggert werden, so muss Vattenfall (bzw. deren Nachfolger) die Solargenossenschaft entschädigen. Alle Mitglieder der Genossenschaft sind betroffen und können sich auch in lokale Verfahren einbringen.
Ich hatte dieses Investment eigentlich als eine Spende gesehen: Zurück kommt kein Geld, aber guter Strom. Doch dann: 2020 ein Brief mit Mitteilung zur Gewinnausschüttung. Hey, ho. Gutes tun und dabei reich werden!
Meine bisher finanziell erfolgreichste Firmenbeteiligung bei der Solargenossenschaft Lausitz: 73,08€ in fünf Jahren. Das sind 14,61€ pro Jahr!
Language Science Press
Ich höre sie/Sie jetzt schon fragen: „Was? Der will der CSU Konkurrenz machen? Kann der denn überhaupt Wirtschaft?“ Darauf habe ich zwei Antworten: 1) Alle meine Firmen gibt es noch nach mehreren Jahren. Das ist bei Größen aus Parteien, die als wirtschaftskompetent gelten, nicht der Fall (Wikipedia-Eintrag: Christian Lindner). 2) Meine erfolgreichste Firmengründung ist eine gemeinnützige GmbH, die den Verlag Language Science Press betreibt und die ich 2017 gemeinsam mit Martin Haspelmath und Sebastian Nordhoff (aus Erlangen) gegründet habe. Language Science Press ist inzwischen im Millionenbereich: Wir haben 1 Million Downloads von Open-Access-Büchern erreicht. Language Science Press ist ein global agierender Verlag, der von 115 Partnerinstitutionen finanziert wird (z.B. Harvard, MIT, Edinburgh, Erlangen). Diese bezahlen für 30 Bücher pro Jahr jeweils 1000€.
Noam Chomskys Unterstützung für Language Science Press, Verlagsmaterial, 21.03.2017
Die Abbildung zeigt Noam Chomsky vom MIT, der uns in der ersten Finanzierungsphase zusammen mit Steve Pinker (Harvard) und Adele Goldberg (Princeton) unterstützt hat. 2020 war die zweite Finanzierungsphase erfolgreich und Language Science Press hat jetzt über 170 Titel von über 1000 Autor*innen in 26 Buchreihen veröffentlicht.
Flyer von Language Science Press mit Informationen zu Buchreihen, der Anzahl der Bücher, Autor*innen und Downloads, 2/2021
Da die GmbH gemeinnützig ist, dürfen wir keinen Gewinn machen. Bisher wurden 0,00€ an mich ausgeschüttet, und das wird auch so bleiben. Der Zweck des Verlages war es, das Publikationsproblem (unzugängliche Publikationen bei astronomisch wachsenden Preisen und sinkendem Service durch Wissenschaftsverlage wie Elsevier, Springer, Wiley und De Gruyter) zu lösen. Wir haben dieses Problem gelöst. Zumindest für die Sprachwissenschaft. Zur Wirtschaftskompetenz: Wir haben gemeinsam mit der Ökonomin Debora Siller ein Geschäftsmodell entwickelt (Nordhoff, 2018). Dieses ist öffentlich zugänglich und wir hoffen auf Nachahmer*innen aus anderen Disziplinen oder auch aus der Sprachwissenschaft selbst.
Im Bundestag werde ich mich natürlich für Open Access einsetzen: Aus Steuermitteln finanzierte Forschung muss der Allgemeinheit zugänglich sein und darf nicht hinter Paywalls verschwinden. Aufgrund der Oligopolstrukturen im Verlagswesen werden Mondpreise für wissenschaftliche Veröffentlichungen verlangt. Diese Missstände gilt es zu beseitigen. Universitäten und die DFG arbeiten daran.
Nebentätigkeiten
Ich photographiere Musik-Events. Als ich die Chefin der Photograph*innenvereinigung zum ersten Mal getroffen habe und wir den Vertrag besprochen haben, habe ich gesagt, dass ich es gut fände, wenn die Kamera dabei rauskäme. Sie hat mich gar nicht verstanden. Sie dachte, ich hätte das Thema gewechselt und würde mich darauf freuen, dass es bald ein neues Kameramodell zu kaufen gibt. In der Event-Photographie verdient man heutzutage kein Geld mehr.
Bild von mir in der taz vom 28.09.2018. Das Bild ist 2018 bei „Wir sind mehr“ in Chemnitz entstanden.
Früher hat man bei der taz so 100 DM pro Bild bekommen und die taz hat am wenigsten bezahlt (niemand verdient viel Geld bei der taz). Für das Nura-Bild kamen bei mir 6€ Honorar an. Der Vertrieb von Photos kann auf verschiedene Arten erfolgen. Für die Photograph*innen ist es das Beste, direkt an Zeitungen zu verkaufen, aber das ist nicht einfach, denn direkter Kontakt ist für die Redaktionen zu aufwendig und somit zu teuer. Heutzutage läuft alles über Datenbanken und Bildagenturen (imago, picture alliance). Die taz hat das Bild bei Imago gekauft und X€ dafür bezahlt. Einen Teil davon hat imago an meine Chefin weitergegeben, die unsere Datenbank verwaltet und Bilder an Redaktionen verteilt, und einen Teil davon habe ich bekommen. So läuft’s.
Aber das ist nicht alles. Es ist nicht nur so, dass die Einnahmen pro Bild dramatisch gesunken sind (regelt der Markt …). Die Zeitungen verwenden einfach skrupellos irgendwelche Handybilder ihrer Redakteur*innen. Wahrscheinlich finden das die Leser*innen nicht einmal schlimm. Wenn ich im Bundestag für irgendetwas lobbyieren würde, dann für eine gute visuelle Erziehung und künstlerische Ausbildung.
Vermögenslage
Ich bin seit 1994 im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft beschäftigt gewesen. Von 1994–1996 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und ich hatte das große Glück, eine ganze Stelle zu bekommen. Danach 1997–2003 an der DFKI GmbH in Saarbrücken. Die Tarife dort waren damals an IG-Metall-Tarife angelehnt, d.h. sie lagen deutlich über denen des öffentlichen Dienstes. Das, was ich da mehr bekommen habe, habe ich aber gleich bei der Deutschen Bahn abgegeben. Danach hatte ich diverse Professuren (W1 in Bremen, W3 an der FU Berlin und der HU Berlin). Was man da verdient, kann man in entsprechenden Tabellen im Netz nachlesen.
Das Geld habe ich alles verprasst! Mit teuren Einkäufen im Bio-Laden und einer neuen Kamera alle vier Jahre (ich arbeite im Low-Light-Bereich, da zählt jeder ISO-Schritt). Außerdem für Klamotten. Also ich selbst habe seit 1994 immer dieselben Sachen angezogen, aber die Kinder haben praktisch täglich andere Konfektionsgrößen und die szenetypische Kleidung ist sehr teuer.
Demonstrationsteilnehmerinnen demonstrieren bei der FridaysForFuture-Demo #NeustartKlima für fair fashion und gegen fast fashion, Berlin, 29.11.19
Was dann noch übrig ist, geht in das Taschengeld der Kinder (Aber die Marlene bekommt viel mehr!). Da die Kinder Öko-Kinder sind (also Kinder von Ökos), dürfen sie sich für das Taschengeld nichts kaufen. Sie müssen es in Klimafonds anlegen. Sie sind inzwischen sehr reich.
Da ich aus dem Osten bin, gibt es kein anderes Vermögen wie zum Beispiel geerbtes Geld, Häuser oder Wohnungen (siehe auch Mau, 2020: 171). Alles, was ich besitze, stammt aus meinen Gehältern, Anlagen bzw. von der SoGeLa.
Probleme mit geschenkten Eigentumswohnungen haben Ossis eher selten
In diesem Beitrag bespreche ich die Voraussetzungen für eine Wahl in den Bundestag, das Problem, das die gegenwärtigen Krisen für die Demokratie darstellen und Möglichkeiten zur Erweiterung derselben. Ein abschließender Abschnitt ist den Menschheitskrisen und sich daraus ergebenden neuen Anforderungen an Politiker*innen gewidmet.
Voraussetzungen für die Wahl
Als ich mit meinen Eltern über meine Bundestagskandidatur für Die PARTEI Erlangen gesprochen habe, waren sie skeptisch. Mein Vater war der Meinung, dass das doch Menschen machen sollten, die etwas entsprechendes studiert haben. Politikwissenschaften, oder so. Tja, so sind wir, wir Ossis. Wir fragen uns, ob wir Dinge können, und im Zweifelsfall lassen wir die Blender vor (hatte ich Andreas Scheuer, MA mit seinem Fake-Doktortitel schon erwähnt?), die einfach selbstbewusst auftreten. Es gibt dazu einen schönen Witz aus Nachwendezeiten: Frage: „Warum dauert das Abitur im Westen 13 Jahre, aber im Osten nur 12 Jahre?“ Anwort: „Weil im Westen noch ein Jahr Schauspielunterricht dabei ist!“ Regine Hildebrandt (1990 Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen in Brandenburg) erzählt ihn sehr gut zum Anfang einer MDR-Dokumentation über Ost-Frauen:
Teil 2 der MDR-Dokumentation über Ostfrauen beginnt mit einem Wessi-Witz aus den 90ern über das 13jährige Abitur
Ich persönlich kann mich über mangelndes Selbstvertrauen nicht beklagen. Das liegt allerdings daran, dass ich Wissenschaftler bin und da ist die Sachlage oft sehr klar. Ich hatte einfach immer Recht. Also meistens. Also ausreichend oft.1
Was qualifiziert einen dazu, in den Bundestag zu gehen? Muss man Politikwissenschaftler*in sein? Nein, 2013 kandidierte ein Kollege, ebenfalls Sprachwissenschaftler, für eine damals gerade neu gegründete Partei. Das fand niemand lustig. Nun kandidiere ich für Die PARTEI. Das finden hoffentlich einige lustig. Der Hufeisen-Stefan Müller von der CSU, gegen den ich antrete, ist Bankfachwirt, viele CSU-Mitglieder sind Bauern. Julia Klöckner ist Weinkönigin. Sie kann sehr gut lächeln. Das ist genau die Qualifikation, die sie braucht. Zum Beispiel zum Kuscheln mit Nestlé:
Video aus einem Tweet vom 03.06.2019 von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zu einem Treffen mit Nestlé
Julia Klöckner sagt in ihrem Beitrag, dass sie in ihrem Gespräch mit Nestlé viel Neues erfahren hat. Über Nestlé hätte sie schon vorher viel erfahren können. Zum Beispiel aus dem Film We feed the world – Essen global. Ich will das hier nicht zusammenfassen, da bekomme ich nur schlechte Laune. Guckt Euch den Film einfach an.
Lobbyismus und Repräsentativität
Aber jetzt ganz im Ernst: Der Bundestag besteht aus vom Volk gewählten Vertreter*innen, die die Interessen der Wähler*innen bzw. von Gruppen von Wähler*innen vertreten sollen. Also eigentlich Lobbyismus. Viele CDU/CSU-Abgeordnete sind (Groß-)Bauern und sitzen auch im Agrarausschuss des Bundestages (62% der CSU/CDU, 25% der Grünen, 0% bei den anderen, taz, 17.03.2021). Außer ihrer Parteimitgliedschaft haben sie keine besondere Qualifikation. Auch das ist in Ordnung (aber siehe unten). Das einzige Problem ist, dass Lobbyismus in CDU/CSU und leider auch der SPD bisher intransparent geblieben ist und dass die CDU/CSU sich gegen entsprechende Gesetze gewehrt hat.
Marco Bülow (Ex-SPD, jetzt Die PARTEI) spricht beim Klimamontag von Berlin4Future über Korruption und Lobbyismus, Berlin, Alexanderplatz, 07.09.20, Bild: Stefan Müller, CC-BY
Es muss transparent sein, wer was im Bundestag macht und was dabei die Interessen der jeweiligen Person sind oder sein könnten. Dann können Wähler*innen frei entscheiden, ob sie jemanden wählen wollen oder nicht.
Grob vereinfacht kann man also als Grundvoraussetzung für ein Bundestagsmandat eine Parteizugehörigkeit, die Fähigkeit zu lächeln2 und Menschen zu begeistern und für gewisse Positionen die Fähigkeit zu führen annehmen. Reicht das für eine funktionierende Demokratie? Leider nicht, denn der Bundestag ist nicht divers genug. Küppersbusch fasst zusammen:
„Von der Idee, alle Stände und Berufe im Parlament vertreten zu sehen ist wenig übrig. Im Bundestag sitzen 203 Abgeordnete aus dem Öffentlichen Dienst und zwei, die privat Hausmannfrau sind. 101 arbeiten bei „gesellschaftlichen Organisationen“ wie etwa Parteien, vier sind arbeitslos oder ohne Beruf. Das Parlament bildet die Gesellschaft nicht mehr ab, und das schaffte auch Fallhöhe für eine Rabulistenfraktion rechtsaußen.“
Friedrich Küpersbusch: Corona, CDU und Grüne: Impfparty mit Scheibe.(taz, 06.04.2021)
Für das Problem, dass sich Teile der Bevölkerung nicht repräsentiert fühlen, gibt es eine Lösung. Repräsentativ zusammengestellte, geloste Bürger*innenräte. Diese würden auch das Lobbyismus-Problem abmildern und sie sind wichtig für Problemfelder, die Politiker*innen systembedingt nicht bearbeiten können. Wie funktioniert das im Detail und warum?
Gewisse Probleme können bzw. wollen Politiker*innen nicht angehen, weil sie das je nach Problemlage 5–10% ihrer Wähler*innen kosten könnte und weil die gesamte gegenwärtige Politik auf Machterhalt und Wiederwahl in vier bzw. fünf Jahren ausgerichtet ist. Ein Beispiel für einen Bürger*innenrat war der, der zum Thema Abtreibung in Irland durchgeführt wurde. Es wäre für Politiker*innen schwer gewesen, sich hinzustellen und zu sagen: „Ich bin für Abtreibung.“ Es wurde also ein Bürger*innenrat zusammengestellt. Dazu wurde eine repräsentative Gruppe von 100 Personen ausgewählt. Repräsentativ heißt, dass die Zusammensetzung der Altersstruktur, der sozio-ökonomischen Struktur usw. des jeweiligen Landes entspricht. Wer letztendlich in diesem Rat sitzt, wird nach der repräsentativen Vorauswahl durch ein Losverfahren entschieden. Der Bürger*innenrat trifft sich dann über mehrere Wochen und bekommt Input von Expert*innen zum jeweiligen Problem (Recht, Gesund, Ökonomie, Klima, Verkeher, whatever), so dass alle Aspekte gut aufgearbeitet sind. (Das unterscheidet die Räte von Volksentscheiden, bei denen einfach jede*r Einzelne aus dem Bauch heraus entscheidet.) Die 100 Personen kommen dann zu einem Schluss, der hoffentlich von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft mitgetragen wird. Das folgende Video über das Referendum zur Abtreibung in Irland erklärt alle Punkte sehr gut:
Außer diesem Bürgerrinnen*rat zur Abtreibung gab es auch in Frankreich schon einen zum Thema Klimaschutz. Die Regierung Macron hat Teile der Empfehlungen auch übernommen.
Dass Bürger*innenräte kein Hirngespinst irgendwelcher Revoluzer oder Sozialromantiker sind, sieht man auch daran, dass Wolfgang Schäubele (Bundestagspräsident, CDU) sie unterstützt.
Bürgerrat Demokratie Veranstaltung mit Bundespräsident Wolfgang Schäubele, 15.11.2019
Das Lobbyismusproblem würde duch Bürger*innenräte zwar nicht gelöst, aber zumindest auch abgemildert, weil es nicht möglich ist, langjährige Netzwerke und Abhängigkeiten aufzubauen, wenn die Ratsmitglieder zufällig ausgewählt sind und nur zu wenigen Sitzungen zusammenkommen.
Dass beim Thema Lobbyismus und Korruption dringend etwas passieren muss, zeigt auch das Rezo-Video, um das es im folgenden Abschnitt geht.
Krisentauglichkeit
Rezo hat die gegenwärtige Situation mal wieder schön zusammengefasst: Unsere gegenwärtige Regierung ist korrupt, machomässig unterwegs und inkompetent:
Rezo zerstört die Corona-Politik, 05.04.2021
Was man in der aktuellen Situation braucht, ist die Fähigkeit, eine Bedrohungslage einzuschätzen. Man muss Exponentialkurven verstehen können und man muss einschätzen können, wie eine weitere Entwicklung verlaufen wird. Niemand, der ein Ministerium leitet, versteht alle fachlichen Details. Das muss auch nicht so sein, aber es braucht Selbstbewusstsein und menschliche Größe und ein Urteilsvermögen, um einschätzen zu können, dass man selbst an bestimmten Stellen inkompetent ist und sich auf Expert*innen verlassen muss. Rezo hat die wesentlichen Videoschnipsel der letzten Wochen zusammengeschnitten und belegt, dass unsere Bundesregierung/Ministerpräsidentenkonferenz ein inkompetenter, arroganter Machohaufen ist. Aus der Bezeichnung Machohaufen (klingt irgendwie wie Matschhaufen, vielleicht ist er ja nach dem Corona-Winter weg) folgt auch, dass Angela Merkel nicht eingeschlossen ist. Sie hat Physik studiert und versteht Exponentialkurven. Das ist es, was wir brauchen. Also nicht unbedingt die Phsyik aber die Exponentialkurven (Mein Vater hat mich darauf hingewiesen, dass das Oberstufenschulstoff ist.). Die folgende Kurve zeigt das Infektionsgeschehen in Deutschland. Man sieht sehr schön die erste, zweite und dritte Welle.
Dritte Welle kurz vor dem Rumgeeiere der Ministerpräsidentenkonfernez vor Ostern 2021
Diese Entwicklungen wurden vorhergesagt. Es wurden mathematische Modelle gebaut, die genau das vorhergesagt haben, was eingetreten ist. (Siehe Fußnote 1 zu formalen Modellen in der Sprachwissenschaft.) In vielen Situationen hilft es, einen Phänomenbereich zu modellieren. Man kann dann Vorhersagen einer Theorie bestimmen und ein Abgleich mit der Wirklichkeit hilft einem, Rückschlüsse auf die Qualität der Theorie zu ziehen. Wie das Rezo-Video zeigt, wurden die Gefahren, vor denen unser Land stand und immer noch steht, ignoriert und Politiker (ohne *innen) sind sich nicht zu blöd, sich vorn hinzustellen und das auch noch richtig zu finden.
Exponentieller Zunahme von CO2 in der Atmosphäre in den letzten Jahrzehnten Quelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=694303
Klimawissenschaftler*innen bauen komplexe Modelle zu den Entwicklungen, die uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bevorstehen. Sie sind sehr zurückhaltend und nicht alarmistisch. Das entspricht der Seriosität, die in der Wissenschaft üblich ist. Ein Kollege von der Humboldt-Uni, der wie ich auch bei den Scientists4Future aktiv ist, hat noch vor zwei Jahren den Begriff Klimakrise abgelehnt, weil er ihn für zu alarmistisch hielt. Die Klimawissenschftler*innen sind sich einig: Wir haben ein Problem. Ein großes! Die Klimakrise ist um ein Vielfaches größer als das, was wir jetzt erleben. Corona macht keinen Spaß? Dann kämpft dafür, dass wir nicht Corna++ bekommen!
Angela Merkel versteht das alles, aber leider ist Angela Merkel eine lame duck. Sie konnte sich bei Corona nicht gegen ihre Matsch-Kumpels durchsetzen. Auch die Öko-Bilanz ist finster. Merkel war Umweltministerin und hat auf die Klimaprobleme hingewiesen.
Buchpublikation von Angela Merkel 1997
Sie hat schon 1997 klar aufgezeigt, was getan werden muss. Was passiert ist, ist aber so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir gebraucht hätten.
Christian Lindner und mein Vater3 sagen: Die Klimaprobleme und die große Politik sollten doch die Profis regeln. Diese haben aber versagt. Wir können nicht mehr warten (und Lindner hat ja eh keine Lust zu regieren). Und deshalb machen wir das jetzt selbst! Los! Wie Rezo sagt: Besser als die sind wir allemal!
Ein (zukünftiger) Profi demonstriert bei Fridays For Future Demonstration in Berlin, 15.03.2019 Bild: Stefan Müller, CC-BY