Facebook ist eine Datenkrake. Aber man braucht es, um Wahlen zu gewinnen. Facebook spielte schon öfter unrühmliche Rollen in der Politik: zum Beispiel half es Trump, die Wahlen zu gewinnen und auch beim Brexit waren Facebook-Daten beteiligt.
Big data
Der Züricher tagesanzeiger beschreibt in seinem Artikel sehr genau, was man aus Facebook-Daten herauslesen kann und wie man dieses Wissen benutzen kann.
Kosinski geht wie im Rausch immer weiter: Bald kann sein Modell anhand von zehn Facebooks-Likes eine Person besser einschätzen als ein durchschnittlicher Arbeitskollege. 70 Likes reichen, um die Menschenkenntnis eines Freundes zu überbieten, 150 um die der Eltern, mit 300 Likes kann die Maschine das Verhalten einer Person eindeutiger vorhersagen als deren Partner. Und mit noch mehr Likes lässt sich sogar übertreffen, was Menschen von sich selber zu wissen glauben. Am Tag, als Kosinski diese Erkenntnisse publiziert, erhält er zwei Anrufe. Eine Klageandrohung und ein Stellenangebot. Beide von Facebook.
Hannes Grassegger & Mikael Krogerus. 2018. «Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt» tagesanzeiger. Zürich, 20.03.2018
Facebook hat Experimente mit fast 700.000 Nutzer*innen gemacht, hat deren Stimmungen analysiert und wie sich bestimmte Posts darauf auswirken (Kramer et. al, 2014). Solche Experimente sind von den Facebook-Nutzungsbedingungen abgedeckt:
Posts were determined to be positive or negative if they contained at least one positive or negative word, as defined by Linguistic Inquiry and Word Count software (LIWC2007) (9) word counting system, which correlates with self-reported and physiological measures of well-being, and has been used in prior research on emotional expression (7, 8, 10). LIWC was adapted to run on the Hadoop Map/Reduce system (11) and in the News Feed filtering system, such that no text was seen by the researchers. As such, it was consistent with Facebook’s Data Use Policy, to which all users agree prior to creating an account on Facebook, constituting informed consent for this research.
Kramer et. al, 2014: 8789
Facebook hat 2014 Whatapp gekauft. Die Sicherheit der App wurde immer wieder kritisch beurteilt:
Im Mai 2012 kritisierte die Stiftung Warentest das Datensendeverhalten der App, da diese alle gespeicherten Telefonnummern (die bei WhatsApp als Nutzerkennungen dienen) unverschlüsselt an den WhatsApp-Server überträgt, und vergab das Urteil „sehr kritisch“.[86] Auch in einem Schnelltest im Februar 2014 erhielt die App das Urteil „sehr kritisch“ im Bereich Datenschutz.[87]
Niederländische und kanadische Behörden ermitteln gegen das Unternehmen wegen Verletzung von Datenschutzbestimmungen.[88] WhatsApp greift auch auf Informationen über Nichtnutzer des Dienstes zu und speichert diese. Zudem ist die Sicherheit der Nachrichten weiterhin ungewiss.[89]
Wikipedia-Eintrag zu Whatsapp, 29.04.2021
Der letzte Satz klingt einigermaßen harmlos: Jo, da speichern se halt irgendwas über die anderen mit. Aber was macht Facebook genau? Bzw. Ihr, die Whatsapp noch nutzt, bzw. Ihr, die Whatsapp genutzt haben? Das komplette Adressbuch der Nutzer*innen wird hochgeladen und immer mal wieder aktualisiert. Da 80% aller Deutschen bei Whatsapp sind, hat Facebook die Adressbücher von 80% aller Deutschen. In diesen Adressbüchern sind die Adressen der restlichen 20% enthalten. Auch meine Adresse, obwohl ich mich nie bei Whatsapp angemeldet habe. Facebook hat also ein komplettes Profil aller Sozialkontakte im Land. Alller! Die restlichen 20% kann man rekonstruieren. Glaubt mir, ich bin (promovierter) Informatiker.
Beim Kauf von Whatsapp hat Facebook versprochen, die Daten von Whatsapp und Facebook nicht zusammenzuführen. Sie haben behauptet, dass das technisch nicht möglich sei. Ab 2016 haben die Nutzer*innen aber zugestimmt, dass ihre Daten an Facebook übertragen werden dürfen. Im Januar 2021 hat Facebook die Nutzungsbedingungen geändert, Nutzer*innen, die nicht explizit der Weitergabe ihrer Daten an Facebook zustimmen, werden von Whatsapp ausgeschlossen.
Nochmal zu den Sozialprofilen: Facebook kennt uns alle! Als ich mich vor einigen Jahren bei Facebook angemeldet habe, hat es mir Menschen zum Folgen vorgeschlagen. Darunter die Frau eines Kollegen. Ich bin fast vom Stuhl gefallen. Die Frau muss ihr gesamtes Adressbuch an Facebook übertragen haben und meine Mail-Adresse war dabei. Mail-Adressen gepaart mit Namen, Telefonnummern gepaart mit Namen, Kreditkarten-Nummern gepaart mit Namen, Ergebnisse von Web-Suchen. Komplette Persönlichkeitsprofile. Der Stasi hätte das großen Spaß gemacht.
Wisst Ihr manchmal nicht, wer Ihr seid? Facebook weiß es immer!
Zerschlagung
Facebook startete als ein Klassenbuch, bei dem man seine Klassenkamerad*innen nach hot or not einsortieren konnte. Wie niedlich (nun ja …). Jetzt ist es ein Monster! Was kann man tun? Nicht viel, denn wenn man sagt, wir teilen Facebook in lauter kleine Facebooks, so wie das mit Bell in den USA gemacht wurde, dann funktioniert das nicht, denn der Witz an Facebook ist, dass es ein gigantisches Netz aus Freunden, Geschäftsleuten und Politiker*innen ist. Ein weltumspannendes. Aber was man tun kann, ist, Facebook, Whatsapp und Instagramm wieder zu trennen und ähnliche Ansammlungen in Zukunft zu unterbinden.
Nachtrag 06.11.2022: Man kann Facebook zerschlagen. Die Alternativen sind da: Mastodon ist so etwas ähnliches wie Twitter und Facebook. Es wird dezentral betrieben. Der „Algorithmus“ ist offen und kann nicht manipuliert werden, da die Software dezentral gehostet wird. Die Hygiene im Gesamtnetz ist besser: weniger Trolle, weil zum Beispiel die Zahl der Follower bei Relevanz von gesendeten Nachrichten keine Rolle spielt. Die Tröts gehen einfach chronologisch ein.
Und dann ist da noch: Dopamin
Und dann ist da noch das Problem, dass Facebook süchtig macht: https://www.youtube.com/watch?v=XgrZ8nHpvjI
Aber das können wir wohl der Eigenverantwortung der Nutzer*innen überlassen. Ihr seid ja alle erwachsen. ODER?
Gewinne und Steuern
Das ganze große Computer/Digital-Business (Google, Apple, Facebook, Amazon) zahlt praktisch keine Steuern, weil es die Firmensitze in Steueroasen hat (zum Beispiel in Irland). Das muss dringend geändert werden.
Auf zu Facebook!
Facebook hat 2,797 Milliarden aktive Nutzer*innen. Fast 3 Milliarden potentielle Stefan-Müller-Fans. Ich habe deshalb beschlossen, eine Facebook-Seite für Stefan Müller einzurichten. Dieser Post wird mein erster Beitrag auf Facebook sein.
Als Bundestagsabgeordneter werde ich mich für die Zerschlagung von Facebook und für eine gerechte Besteuerung der Gewinne der Internet-Konzerne einsetzen.
Quellen
Bergt, Svenja. 2019. Paris führt Digitalsteuer ein: Frankreich souverän. taz. Berlin. (https://taz.de/Paris-fuehrt-Digitalsteuer-ein/!5606487)
Dingeldey, Philip. 2014. Facebook-Studie: Glückliche Nutzer schaffen glückliche Nutzer. faz. Frankfurt/Main. (https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/facebook-studie-beeinflussung-der-gefuehle-durch-postings-12971860.html)
Szent-Ivanyi, Tim. 2020. Wie bei Google, Facebook und Co. künftig Steuern kassiert werden sollen. RND Redaktionsnetzwerk Deutschland. (https://www.rnd.de/politik/wie-bei-google-facebook-und-co-kunftig-steuern-kassiert-werden-sollen-4PZC3M4Y2ZF6NJJVSVF2B3YFOQ.html)
Grassegger, Hannes & Krogerus, Mikael. 2018. «Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt»: Psychologe Michal Kosinski weiss, wie man Menschen anhand ihres Facebook-Verhaltens analysiert. tagesanzeiger. Zürich. (https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/diese-firma-weiss-was-sie-denken/story/17474918)
Kramer, Adam D. I. & Guillory, Jamie E. & Hancock, Jeffrey T. 2014. Experimental evidence of massive-scale emotional contagion through social networks. Proceedings of the National Academy of Sciences 111(24). 8788–8790. (doi:10.1073/pnas.1320040111)