Meine Blogposts sind immer zu lang. Zum Thema Leitkultur sag ich mal nichts, sondern lasse COR (Herz) sprechen:
PS: Wenn Ihr den Blog-Post auf Facebook oder Twitter teilt, seht Ihr ein Bild von einem Konzert.
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Ich werde mich als Direktkandidat für Erlangen nach erfolgreicher Wahl dafür einsetzen, dass alle Inlandsflüge verboten werden. Neben den klimapolitischen Aspekten hat das den Vorteil, dass Erlangen gegenüber München aufgewertet wird, da alle Bahnverbindungen aus dem Norden durch Erlangen gehen.
Man ist somit zuerst in Erlangen, wenn man mit der Bahn kommt.1 Kommt man dagegen mit dem Flugzeug, wäre man zuerst in München und müsste dann zurückfahren.2 Erlangen wäre also zweiter. Das ist mit dem Stolz der Franken nicht zu vereinbaren. Deshalb: Erlangen first! Inlandsflüge verbieten!
Inhaltsverzeichnis
Ein führendes Mitglied der Partei Die PARTEI hat mich darum gebeten, den Politikkodex zu unterschreiben. Dabei geht es um Transparenz und darum Lobbyismus zu erschweren. Die Höchstsätze für private Zuwendungen und Parteispenden sollen reduziert werden und von Unterzeichnerinnen wird erwartet, dass sie Firmenbeteiligungen und andere potentiell ihre Haltung als politische Mandatsträger*innen beeinflussende Faktoren offenlegen. Ich halte Lobbyismus für eins der Grundübel unserer Zeit und auch für einen der wichtigsten Gründe dafür, warum die Regierung uns Klimapäckchen schickt und der Kohleindustrie Milliarden schenkt, statt einfach den Markt entscheiden zu lassen (in UK sind die Kohlekraftwerke unrentabel und schließen selbst) bzw. einen Bruchteil der Entschädigungen nimmt und RWE kauft und dicht macht (der Börsenwert ist nicht hoch). Autoindustrie und Tempolimit ist eine andere Geschichte. Also: Politikkodex hurra!
Nebenbemerkung: Der Mann, gegen den ich antrete, scheint das irgendwie anders zu sehen. Er hat im Bundestag gegen Transparenzreglungen gestimmt.
Beim Nachdenken über den Politikkodex ist mir aufgefallen, dass ich an sehr, sehr vielen Firmen beteiligt bin. Eine ist ein Bank und eine andere habe ich sogar selbst mitgegründet. Also hier jetzt der Transparenzpost. Ich hoffe, dass mich danach noch jemand wählt. Trotz der heftigen Verstrickungen in lokal, national und global agierende Firmen und meiner Nebentätigkeit.
Aber fangen wir vielleicht mit etwas an, das mir leichtfällt: Transparenz und Dienstreisen.
Der Politikkodex verlangt die Offenlegung von Kontakten mit Interessenvertreter*innen:
2.10 Kontakte/Treffen mit Interessenvertreter*innen mit Nennung des Datums, des Themas, der Person, der Institution, der Agentur, der Kanzlei, der Denkfabrik etc. transparent machen (z.B. durch Veröffentlichung auf der eigenen Internetseite).
Ich werde alles, was ich tue, auf twitter bekanntgeben (mache ich jetzt schon). Ich folge dabei dem Vorbild von Julia Klöckner, die ihr Treffen mit Nestlé ebenfalls auf twitter bekanntgegeben hat:
Ich verspreche ebenfalls, dass ich vor einem etwaigen Treffen mit Vertreter*innen von Nestlé, den Film We feed the world – Essen global mindestens drei mal ansehen werde (ein Mal war schon schlimm genug).
Der Politikkodex verlangt von Kandidierenden und politischen Mandats- und Amtsträger*innen, Dienstreisen öffentlich zu machen und Flugreisen zu reduzieren:
2.17 Dienstreisen ins Ausland mit einem Reisebericht öffentlich transparent machen unter Offenlegung des Reiseziels, des/der Einladenden und der Kostentragung. Flugreisen reduzieren und wenn möglich durch Videokonferenzen ersetzen.
2.18 Amts-/Mandatstätigkeit so umweltschonend wie möglich ausüben (dies gilt in besonderer Weise für Reisen und dienstliche Mobilität).
Auszüge aus dem Politkodex, 18.04.2021
Ich bin in meinem Leben viel gereist. Hauptsächlich dienstlich. Das ist auf meiner wissenschaftlichen Web-Seite dokumentiert. Privat fliege ich seit 2008 nicht mehr. Und seit August 2019 fliege ich überhaupt nicht mehr. Ich habe aktiv für die Schließung des Flughafens Tegel gekämpft und mit Kolleg*innen von Scientist4Future in Berlin/Brandenburg eine Aktion zur Selbstverpflichtung von Wissenschaftler*innen zum Verzicht auf dienstliche Kurzstreckenflüge durchgeführt.
Die Aktion wurde dann als #unter1000 auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet (unter1000.scientists4future.org) und bis Corona das Interesse am Fliegen bzw. Nicht-Fliegen gegroundet hat, haben wir 4141 Verpflichtungen von an deutschen Forschungseinrichtungen tätigen Wissenschaftler*innen eingesammelt.
2.19 Kosten der Amts-/Mandatstätigkeit so gering wie möglich halten.
Auszug aus dem Politkodex, 18.04.2021
Der Punkt 2.19 steht zur Zeit leider im Widerspruch zu Punkt 2.17 und 2.18. Das liegt daran, dass Flugreisen oft billiger sind als die viel ökologischeren Zugreisen. Mit diesem Thema haben wir uns bei S4F schon beschäftigt. Als Bundestagsabeordneter werde ich mich dafür einsetzen, dass die Befreiung des Flugverkehrs von der Kerosinsteuer beendet wird und dass die Tonne CO2 wie vom Umweltbundesamt vorgeschlagen mit mindestens 180€ eingepreist wird und somit Flugreisen nur ihren realen Kosten entsprechend angeboten werden können. Damit wäre die Bahn dann wieder billiger.
So viel zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen. Nun zu meinen Firmenbeteiligungen.
Die Firma, an der ich die meisten Anteile besitze, ist die taz. Ich bin Genossenschaftler und habe Anteile im Wert von 2500€ gekauft. Diese Anteile verlieren ständig an Wert. 2018 betrug der Wert 84,25% der Einzahlungssumme. Ich weiß das so genau, weil ich meine Anteile 2019 kurz mal gekündigt habe, weil ich Geld für das Demokratie-Klima-Projekt 120620olympia brauchte und die taz durch ihre Berichterstattung (taz lügt nicht) dazu beigetragen hatte, dass die 2 Millionen Euro, die per Crouwd-Funding eingesammelt wurden, fast nicht zusammen gekommen wären (siehe Warum mein taz-Kreditplan nicht funktionert hat). taz-Genosenschaftler*innen bekommen von der Genossenschaft kein Geld. Dafür aber eine gute Zeitung.
Außerdem besitze ich für 500€ Anteile an der Kräutergarten Pommerland eG. Die machen den leckersten Kräutertee der Welt. Irgendwann hatte unser Dealer die ausgelistet, da habe ich die Dinge selbst in die Hand genommen. Der Kräutergarten ist ebenfalls als Genossenschaft organisiert. Geld haben die Genossenschaftler*innen noch nie bekommen. Dafür guten Tee.
Nein! Die BRD GmbH gibt’s gar nicht. Das ist Nazi-Quatsch. Da kommt nichts bei raus. Kein Geld, keine Zeitung, kein Tee, kein Ökostrom. Nur Ärger. Hoffentlich Ärger.
Ich besitze auch eine Bank. Also einen Teil einer Bank. Ich habe Genossenschaftsanteile für 500€ gezeichnet. GLS steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Wie bescheuert ist das denn? Eine Bank, die Geld verschenkt? Ja, da muss man schon ziemlich idealistisch drauf sein. Die GLS Bank fördert nachhaltige Projekte. Früher wurde das über niedrigere Zinsen für die Anleger*innen finanziert. Da es zur Zeit aber für niemanden Zinsen gibt, ist es etwas schwierig. Geld bringt mir dieses Investment also keins. Aber gute Laune.
Meine kommerziell erfolgreichste Firmenbeteiligung ist die an der SoGeLa (Solargenossenschaft Lausitz eG). Auf die SoGeLA bin ich durch einen Artikel in der taz aufmerksam geworden (Solardächer statt Abraumhalden). Vattenfall wollte 2011 die Dörfer Kerkwitz, Atterwasch und Grabko wegbaggern. Die Anwohner*innen von Kerkwitz hatten die Idee, Vattenfall maximal effektiv und symbolisch zu ärgern. Sie haben eine Genossenschaft gegründet, die Solarzellen auf das lokale Feuerwehhaus gebaut hat. Sollte der Ort weggebaggert werden, so muss Vattenfall (bzw. deren Nachfolger) die Solargenossenschaft entschädigen. Alle Mitglieder der Genossenschaft sind betroffen und können sich auch in lokale Verfahren einbringen.
Ich hatte dieses Investment eigentlich als eine Spende gesehen: Zurück kommt kein Geld, aber guter Strom. Doch dann: 2020 ein Brief mit Mitteilung zur Gewinnausschüttung. Hey, ho. Gutes tun und dabei reich werden!
Ich höre sie/Sie jetzt schon fragen: „Was? Der will der CSU Konkurrenz machen? Kann der denn überhaupt Wirtschaft?“ Darauf habe ich zwei Antworten: 1) Alle meine Firmen gibt es noch nach mehreren Jahren. Das ist bei Größen aus Parteien, die als wirtschaftskompetent gelten, nicht der Fall (Wikipedia-Eintrag: Christian Lindner). 2) Meine erfolgreichste Firmengründung ist eine gemeinnützige GmbH, die den Verlag Language Science Press betreibt und die ich 2017 gemeinsam mit Martin Haspelmath und Sebastian Nordhoff (aus Erlangen) gegründet habe. Language Science Press ist inzwischen im Millionenbereich: Wir haben 1 Million Downloads von Open-Access-Büchern erreicht. Language Science Press ist ein global agierender Verlag, der von 115 Partnerinstitutionen finanziert wird (z.B. Harvard, MIT, Edinburgh, Erlangen). Diese bezahlen für 30 Bücher pro Jahr jeweils 1000€.
Die Abbildung zeigt Noam Chomsky vom MIT, der uns in der ersten Finanzierungsphase zusammen mit Steve Pinker (Harvard) und Adele Goldberg (Princeton) unterstützt hat. 2020 war die zweite Finanzierungsphase erfolgreich und Language Science Press hat jetzt über 170 Titel von über 1000 Autor*innen in 26 Buchreihen veröffentlicht.
Da die GmbH gemeinnützig ist, dürfen wir keinen Gewinn machen. Bisher wurden 0,00€ an mich ausgeschüttet, und das wird auch so bleiben. Der Zweck des Verlages war es, das Publikationsproblem (unzugängliche Publikationen bei astronomisch wachsenden Preisen und sinkendem Service durch Wissenschaftsverlage wie Elsevier, Springer, Wiley und De Gruyter) zu lösen. Wir haben dieses Problem gelöst. Zumindest für die Sprachwissenschaft. Zur Wirtschaftskompetenz: Wir haben gemeinsam mit der Ökonomin Debora Siller ein Geschäftsmodell entwickelt (Nordhoff, 2018). Dieses ist öffentlich zugänglich und wir hoffen auf Nachahmer*innen aus anderen Disziplinen oder auch aus der Sprachwissenschaft selbst.
Im Bundestag werde ich mich natürlich für Open Access einsetzen: Aus Steuermitteln finanzierte Forschung muss der Allgemeinheit zugänglich sein und darf nicht hinter Paywalls verschwinden. Aufgrund der Oligopolstrukturen im Verlagswesen werden Mondpreise für wissenschaftliche Veröffentlichungen verlangt. Diese Missstände gilt es zu beseitigen. Universitäten und die DFG arbeiten daran.
Ich photographiere Musik-Events. Als ich die Chefin der Photograph*innenvereinigung zum ersten Mal getroffen habe und wir den Vertrag besprochen haben, habe ich gesagt, dass ich es gut fände, wenn die Kamera dabei rauskäme. Sie hat mich gar nicht verstanden. Sie dachte, ich hätte das Thema gewechselt und würde mich darauf freuen, dass es bald ein neues Kameramodell zu kaufen gibt. In der Event-Photographie verdient man heutzutage kein Geld mehr.
Früher hat man bei der taz so 100 DM pro Bild bekommen und die taz hat am wenigsten bezahlt (niemand verdient viel Geld bei der taz). Für das Nura-Bild kamen bei mir 6€ Honorar an. Der Vertrieb von Photos kann auf verschiedene Arten erfolgen. Für die Photograph*innen ist es das Beste, direkt an Zeitungen zu verkaufen, aber das ist nicht einfach, denn direkter Kontakt ist für die Redaktionen zu aufwendig und somit zu teuer. Heutzutage läuft alles über Datenbanken und Bildagenturen (imago, picture alliance). Die taz hat das Bild bei Imago gekauft und X€ dafür bezahlt. Einen Teil davon hat imago an meine Chefin weitergegeben, die unsere Datenbank verwaltet und Bilder an Redaktionen verteilt, und einen Teil davon habe ich bekommen. So läuft’s.
Aber das ist nicht alles. Es ist nicht nur so, dass die Einnahmen pro Bild dramatisch gesunken sind (regelt der Markt …). Die Zeitungen verwenden einfach skrupellos irgendwelche Handybilder ihrer Redakteur*innen. Wahrscheinlich finden das die Leser*innen nicht einmal schlimm. Wenn ich im Bundestag für irgendetwas lobbyieren würde, dann für eine gute visuelle Erziehung und künstlerische Ausbildung.
Ich bin seit 1994 im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft beschäftigt gewesen. Von 1994–1996 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und ich hatte das große Glück, eine ganze Stelle zu bekommen. Danach 1997–2003 an der DFKI GmbH in Saarbrücken. Die Tarife dort waren damals an IG-Metall-Tarife angelehnt, d.h. sie lagen deutlich über denen des öffentlichen Dienstes. Das, was ich da mehr bekommen habe, habe ich aber gleich bei der Deutschen Bahn abgegeben. Danach hatte ich diverse Professuren (W1 in Bremen, W3 an der FU Berlin und der HU Berlin). Was man da verdient, kann man in entsprechenden Tabellen im Netz nachlesen.
Das Geld habe ich alles verprasst! Mit teuren Einkäufen im Bio-Laden und einer neuen Kamera alle vier Jahre (ich arbeite im Low-Light-Bereich, da zählt jeder ISO-Schritt). Außerdem für Klamotten. Also ich selbst habe seit 1994 immer dieselben Sachen angezogen, aber die Kinder haben praktisch täglich andere Konfektionsgrößen und die szenetypische Kleidung ist sehr teuer.
Was dann noch übrig ist, geht in das Taschengeld der Kinder (Aber die Marlene bekommt viel mehr!). Da die Kinder Öko-Kinder sind (also Kinder von Ökos), dürfen sie sich für das Taschengeld nichts kaufen. Sie müssen es in Klimafonds anlegen. Sie sind inzwischen sehr reich.
Da ich aus dem Osten bin, gibt es kein anderes Vermögen wie zum Beispiel geerbtes Geld, Häuser oder Wohnungen (siehe auch Mau, 2020: 171). Alles, was ich besitze, stammt aus meinen Gehältern, Anlagen bzw. von der SoGeLa.
Dribbusch, Barbara. 2021. Umverteilung der Steuerlast: Ran an die Obermittelschicht! taz. 17.04.2021, S. 11
Mau, Steffen. 2020. Lütten Klein: Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft (Schriftenreihe 10490). Bonn: Zentrale für Politische Bildung. (https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/303713/luetten-klein)
Nordhoff, Sebastian. 2018. Language Science Press business model. Berlin: Language Science Press. (https://doi.org/10.5281/zenodo.1286972)
In diesem Beitrag bespreche ich die Voraussetzungen für eine Wahl in den Bundestag, das Problem, das die gegenwärtigen Krisen für die Demokratie darstellen und Möglichkeiten zur Erweiterung derselben. Ein abschließender Abschnitt ist den Menschheitskrisen und sich daraus ergebenden neuen Anforderungen an Politiker*innen gewidmet.
Als ich mit meinen Eltern über meine Bundestagskandidatur für Die PARTEI Erlangen gesprochen habe, waren sie skeptisch. Mein Vater war der Meinung, dass das doch Menschen machen sollten, die etwas entsprechendes studiert haben. Politikwissenschaften, oder so. Tja, so sind wir, wir Ossis. Wir fragen uns, ob wir Dinge können, und im Zweifelsfall lassen wir die Blender vor (hatte ich Andreas Scheuer, MA mit seinem Fake-Doktortitel schon erwähnt?), die einfach selbstbewusst auftreten. Es gibt dazu einen schönen Witz aus Nachwendezeiten: Frage: „Warum dauert das Abitur im Westen 13 Jahre, aber im Osten nur 12 Jahre?“ Anwort: „Weil im Westen noch ein Jahr Schauspielunterricht dabei ist!“ Regine Hildebrandt (1990 Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen in Brandenburg) erzählt ihn sehr gut zum Anfang einer MDR-Dokumentation über Ost-Frauen:
Ich persönlich kann mich über mangelndes Selbstvertrauen nicht beklagen. Das liegt allerdings daran, dass ich Wissenschaftler bin und da ist die Sachlage oft sehr klar. Ich hatte einfach immer Recht. Also meistens. Also ausreichend oft.1
Was qualifiziert einen dazu, in den Bundestag zu gehen? Muss man Politikwissenschaftler*in sein? Nein, 2013 kandidierte ein Kollege, ebenfalls Sprachwissenschaftler, für eine damals gerade neu gegründete Partei. Das fand niemand lustig. Nun kandidiere ich für Die PARTEI. Das finden hoffentlich einige lustig. Der Hufeisen-Stefan Müller von der CSU, gegen den ich antrete, ist Bankfachwirt, viele CSU-Mitglieder sind Bauern. Julia Klöckner ist Weinkönigin. Sie kann sehr gut lächeln. Das ist genau die Qualifikation, die sie braucht. Zum Beispiel zum Kuscheln mit Nestlé:
Julia Klöckner sagt in ihrem Beitrag, dass sie in ihrem Gespräch mit Nestlé viel Neues erfahren hat. Über Nestlé hätte sie schon vorher viel erfahren können. Zum Beispiel aus dem Film We feed the world – Essen global. Ich will das hier nicht zusammenfassen, da bekomme ich nur schlechte Laune. Guckt Euch den Film einfach an.
Aber jetzt ganz im Ernst: Der Bundestag besteht aus vom Volk gewählten Vertreter*innen, die die Interessen der Wähler*innen bzw. von Gruppen von Wähler*innen vertreten sollen. Also eigentlich Lobbyismus. Viele CDU/CSU-Abgeordnete sind (Groß-)Bauern und sitzen auch im Agrarausschuss des Bundestages (62% der CSU/CDU, 25% der Grünen, 0% bei den anderen, taz, 17.03.2021). Außer ihrer Parteimitgliedschaft haben sie keine besondere Qualifikation. Auch das ist in Ordnung (aber siehe unten). Das einzige Problem ist, dass Lobbyismus in CDU/CSU und leider auch der SPD bisher intransparent geblieben ist und dass die CDU/CSU sich gegen entsprechende Gesetze gewehrt hat.
Es muss transparent sein, wer was im Bundestag macht und was dabei die Interessen der jeweiligen Person sind oder sein könnten. Dann können Wähler*innen frei entscheiden, ob sie jemanden wählen wollen oder nicht.
Grob vereinfacht kann man also als Grundvoraussetzung für ein Bundestagsmandat eine Parteizugehörigkeit, die Fähigkeit zu lächeln2 und Menschen zu begeistern und für gewisse Positionen die Fähigkeit zu führen annehmen. Reicht das für eine funktionierende Demokratie? Leider nicht, denn der Bundestag ist nicht divers genug. Küppersbusch fasst zusammen:
„Von der Idee, alle Stände und Berufe im Parlament vertreten zu sehen ist wenig übrig. Im Bundestag sitzen 203 Abgeordnete aus dem Öffentlichen Dienst und zwei, die privat Hausmannfrau sind. 101 arbeiten bei „gesellschaftlichen Organisationen“ wie etwa Parteien, vier sind arbeitslos oder ohne Beruf. Das Parlament bildet die Gesellschaft nicht mehr ab, und das schaffte auch Fallhöhe für eine Rabulistenfraktion rechtsaußen.“
Friedrich Küpersbusch: Corona, CDU und Grüne: Impfparty mit Scheibe.(taz, 06.04.2021)
Für das Problem, dass sich Teile der Bevölkerung nicht repräsentiert fühlen, gibt es eine Lösung. Repräsentativ zusammengestellte, geloste Bürger*innenräte. Diese würden auch das Lobbyismus-Problem abmildern und sie sind wichtig für Problemfelder, die Politiker*innen systembedingt nicht bearbeiten können. Wie funktioniert das im Detail und warum?
Gewisse Probleme können bzw. wollen Politiker*innen nicht angehen, weil sie das je nach Problemlage 5–10% ihrer Wähler*innen kosten könnte und weil die gesamte gegenwärtige Politik auf Machterhalt und Wiederwahl in vier bzw. fünf Jahren ausgerichtet ist. Ein Beispiel für einen Bürger*innenrat war der, der zum Thema Abtreibung in Irland durchgeführt wurde. Es wäre für Politiker*innen schwer gewesen, sich hinzustellen und zu sagen: „Ich bin für Abtreibung.“ Es wurde also ein Bürger*innenrat zusammengestellt. Dazu wurde eine repräsentative Gruppe von 100 Personen ausgewählt. Repräsentativ heißt, dass die Zusammensetzung der Altersstruktur, der sozio-ökonomischen Struktur usw. des jeweiligen Landes entspricht. Wer letztendlich in diesem Rat sitzt, wird nach der repräsentativen Vorauswahl durch ein Losverfahren entschieden. Der Bürger*innenrat trifft sich dann über mehrere Wochen und bekommt Input von Expert*innen zum jeweiligen Problem (Recht, Gesund, Ökonomie, Klima, Verkeher, whatever), so dass alle Aspekte gut aufgearbeitet sind. (Das unterscheidet die Räte von Volksentscheiden, bei denen einfach jede*r Einzelne aus dem Bauch heraus entscheidet.) Die 100 Personen kommen dann zu einem Schluss, der hoffentlich von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft mitgetragen wird. Das folgende Video über das Referendum zur Abtreibung in Irland erklärt alle Punkte sehr gut:
Außer diesem Bürgerrinnen*rat zur Abtreibung gab es auch in Frankreich schon einen zum Thema Klimaschutz. Die Regierung Macron hat Teile der Empfehlungen auch übernommen.
Dass Bürger*innenräte kein Hirngespinst irgendwelcher Revoluzer oder Sozialromantiker sind, sieht man auch daran, dass Wolfgang Schäubele (Bundestagspräsident, CDU) sie unterstützt.
Das Lobbyismusproblem würde duch Bürger*innenräte zwar nicht gelöst, aber zumindest auch abgemildert, weil es nicht möglich ist, langjährige Netzwerke und Abhängigkeiten aufzubauen, wenn die Ratsmitglieder zufällig ausgewählt sind und nur zu wenigen Sitzungen zusammenkommen.
Dass beim Thema Lobbyismus und Korruption dringend etwas passieren muss, zeigt auch das Rezo-Video, um das es im folgenden Abschnitt geht.
Rezo hat die gegenwärtige Situation mal wieder schön zusammengefasst: Unsere gegenwärtige Regierung ist korrupt, machomässig unterwegs und inkompetent:
Was man in der aktuellen Situation braucht, ist die Fähigkeit, eine Bedrohungslage einzuschätzen. Man muss Exponentialkurven verstehen können und man muss einschätzen können, wie eine weitere Entwicklung verlaufen wird. Niemand, der ein Ministerium leitet, versteht alle fachlichen Details. Das muss auch nicht so sein, aber es braucht Selbstbewusstsein und menschliche Größe und ein Urteilsvermögen, um einschätzen zu können, dass man selbst an bestimmten Stellen inkompetent ist und sich auf Expert*innen verlassen muss. Rezo hat die wesentlichen Videoschnipsel der letzten Wochen zusammengeschnitten und belegt, dass unsere Bundesregierung/Ministerpräsidentenkonferenz ein inkompetenter, arroganter Machohaufen ist. Aus der Bezeichnung Machohaufen (klingt irgendwie wie Matschhaufen, vielleicht ist er ja nach dem Corona-Winter weg) folgt auch, dass Angela Merkel nicht eingeschlossen ist. Sie hat Physik studiert und versteht Exponentialkurven. Das ist es, was wir brauchen. Also nicht unbedingt die Phsyik aber die Exponentialkurven (Mein Vater hat mich darauf hingewiesen, dass das Oberstufenschulstoff ist.). Die folgende Kurve zeigt das Infektionsgeschehen in Deutschland. Man sieht sehr schön die erste, zweite und dritte Welle.
Diese Entwicklungen wurden vorhergesagt. Es wurden mathematische Modelle gebaut, die genau das vorhergesagt haben, was eingetreten ist. (Siehe Fußnote 1 zu formalen Modellen in der Sprachwissenschaft.) In vielen Situationen hilft es, einen Phänomenbereich zu modellieren. Man kann dann Vorhersagen einer Theorie bestimmen und ein Abgleich mit der Wirklichkeit hilft einem, Rückschlüsse auf die Qualität der Theorie zu ziehen. Wie das Rezo-Video zeigt, wurden die Gefahren, vor denen unser Land stand und immer noch steht, ignoriert und Politiker (ohne *innen) sind sich nicht zu blöd, sich vorn hinzustellen und das auch noch richtig zu finden.
Schauen wir uns eine andere Kurve an. Sie ist aus dem Wikipedia-Artikel über Kohlenstoffdioxid in der Erdatmosphäre und zeigt ebenfalls ein exponentielles Wachstum:
Klimawissenschaftler*innen bauen komplexe Modelle zu den Entwicklungen, die uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bevorstehen. Sie sind sehr zurückhaltend und nicht alarmistisch. Das entspricht der Seriosität, die in der Wissenschaft üblich ist. Ein Kollege von der Humboldt-Uni, der wie ich auch bei den Scientists4Future aktiv ist, hat noch vor zwei Jahren den Begriff Klimakrise abgelehnt, weil er ihn für zu alarmistisch hielt. Die Klimawissenschftler*innen sind sich einig: Wir haben ein Problem. Ein großes! Die Klimakrise ist um ein Vielfaches größer als das, was wir jetzt erleben. Corona macht keinen Spaß? Dann kämpft dafür, dass wir nicht Corna++ bekommen!
Angela Merkel versteht das alles, aber leider ist Angela Merkel eine lame duck. Sie konnte sich bei Corona nicht gegen ihre Matsch-Kumpels durchsetzen. Auch die Öko-Bilanz ist finster. Merkel war Umweltministerin und hat auf die Klimaprobleme hingewiesen.
Sie hat schon 1997 klar aufgezeigt, was getan werden muss. Was passiert ist, ist aber so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir gebraucht hätten.
Christian Lindner und mein Vater3 sagen: Die Klimaprobleme und die große Politik sollten doch die Profis regeln. Diese haben aber versagt. Wir können nicht mehr warten (und Lindner hat ja eh keine Lust zu regieren). Und deshalb machen wir das jetzt selbst! Los! Wie Rezo sagt: Besser als die sind wir allemal!
Küpersbusch, Friedrich. 2021. Corona, CDU und Grüne: Impfparty mit Scheibe. taz. Berlin. (https://taz.de/Corona-CDU-und-Gruene/!5758868/)
Maurin, Jost. 2021. Lobbyismus in der Union: Anfälligkeit für Einflussnahme. taz. Berlin. (https://taz.de/Lobbyismus-in-der-Union/!5757524/)
Maurin, Jost. 2021. Die Agrarministerin biegt Fakten zurecht: Klöckners Desinformation. taz. Berlin. (https://taz.de/Die-Agrarministerin-biegt-Fakten-zurecht/!5762088)
tagesschau. 2019. Initiative für mehr Demokratie: „Bürgerrat“ gibt Empfehlungen ab. (https://www.youtube.com/watch?v=LV_dptGINYI)
Wagenhofer, Erwin. 2005. We feed the world – Essen global. Allegro Film. (https://www.youtube.com/watch?v=m5HfaSBdtWU)
Der hier veröffentlichte Aufsatz wurde nach einem Peer-Review-Verfahren bei Amigo-Press veröffentlicht. Trotz zweier Experimente und entsprechend abgesicherter Vorhersagen, wichen diese um den Faktor 12,6 vom letztendlichen Ergebnis ab (1,7% statt 21,35%). Ich bin also nicht in den Bundestag eingezogen und die Aussichten, Bundeskanzler zu werden, sind gering.
Bisher ist es niemandem gelungen, den Fehler in meinem Aufsatz zu finden, aber da das tatsächliche Ergebnis vom vorhergesagten so stark abweicht, muss es wohl einen geben. In der Pandemie haben wir gelernt, dass man auch als Wissenschaftler*in seine Aussagen nicht korrigiert (Hendrik Streeck: Von Einsicht keine Spur, riffreporter, 09.02.2021). Der Faktenfuchs des Bayrischen Rundfunks beschreibt, wie schwierig es sein kann, wenn man seine Aussage revidieren muss:
Obwohl die Wissenschaft mittlerweile zeigen konnte, dass Hydroxychloroquin doch nicht das Wundermittel gegen Covid-19 ist, wie Didier Raoult angekündigt hat, gibt es immer noch viele Menschen, die ihm glauben. Raoult selbst hat seine Studie nie zurückgezogen oder eingestanden, dass Hydroxychloroquin doch nicht wirksam ist. Eine einmal formulierte Haltung aufzugeben fällt keinem leicht, sagt die Philosophin Ophélia Deroy: “Eine 180-Grad-Drehung kann einen vieles kosten, vor allem, wenn man eine Person der Öffentlichkeit ist. Je nachdem, wie sehr sich das eigene Ansehen oder der Status verbessert hat mit dieser Aussage, desto schwieriger ist es, sich davon loszusagen.”
#Faktenfuchs — Was macht einen Experten zu einem Experten? 21.11.2021
Im vorliegenden Fall ist die Fallhöhe natürlich enorm: vom in Herzogenaurach gefeierten Kanzlerkandidaten zurück zum absolut unbekannten Germanisten an der Humboldt-Universität. Immerhin ist das mein erster ernsthafter Rückruf eines Zeitschriftenartikels und erst das zweite Mal, dass ich Unsinn geschrieben habe. Das erste Mal war das Kapitel über Partikelverben in meiner Dissertation, aber aus dem Versuch, es in einer Zeitschrift zu veröffentlichen ist dann immerhin meine Habilitation geworden.
Ich habe mich entschlossen, den Artikel dennoch im Netz zu lassen. Vielleicht findet jemand den Fehler ja noch und der Artikel kann dann für die Ausbildung zukünftiger Wissenschaftler*innen nützlich sein.
PS: Blöd, dass ich den Artikel auch noch an die DFG geschickt habe. (Das ist kein Quatsch.)
Stefan Müller von der CSU gewinnt seit 2002 das Direktmandat im Bundestagswahlkreis Erlangen (Wahlkreis 242). Die Ergebnisse kann man im Wikipedia-Eintrag für den Wahlkreis nachlesen. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse von Stefan Müller.
Wie man Tabelle 1 entnehmen kann, bekommt Stefan Müller immer fast 50% der Stimmen. 2017 gingen 7,9% der Erststimmen an die AfD. Die fehlten dann bei Stefan Müller, was den Abfall von 2013 zu 2017 erklären dürfte (2013 hatte der AfD-Direktkandidat nur 3,3% der Stimmen).
2017 war die Zweitplatzierte die Kandidatin der SPD und sie hatte 21% der Stimmen.
Da es – wie Die PARTEI Erlangen festgestellt hat – keinerlei nachvollziehbare Gründe für die Wahl von Stefan Müller gibt, könnte auch genauso gut irgendein anderer Stefan Müller (oder eine Stefanie Müller) die Wahl gewinnen.1 Da es durchaus gute Gründe dafür gibt, gegen Stefan Müller zu sein (zum Beispiel seine hufeisenartige Gleichsetzung von den Reichstag stürmenden Nazi-Schwurblern mit Klimademonstrant*innen), hat Die PARTEI Erlangen beschlossen, eine eigene Direktkandidat*in aufzustellen und hat zu diesem Zweck ein StefanX-Müller-Casting durchgeführt (Pressemitteilung) und in einem langwierigen komplizierten mehrstufigen Verfahren wurde ich unter Tausenden StefanX Müllers ausgewählt (Pressemitteilung). Da Die PARTEI selbst 2017 nur 0,8% der Erststimmen erhalten hat und auch die derzeitigen Prognosen nur bei 8,1% liegen, stellt sich natürlich die Frage, ob eine Direktkandiadatur überhaupt aussichtsreich ist. Im Folgenden möchte ich darlegen, wie ich die Mehrheit im Wahlkreis erringen werde.
Ich bin seit 1994 in der akademischen Lehre tätig. Seitdem ich regelmäßig Lehrevaluationen durchführe, haben mir Student*innen immer wieder bestätigt, dass ich abschweife (zur Datengrundlage siehe Anhang A). Mein Ziel war und ist es natürlich immer, alle Aspekte eines Themas umfassend auszuleuchten,2 3 aber das verwirrt die Zuhörer*innen mitunter. Im Fall meiner Bundestagskandidatur wird mir die Fähigkeit, totale Verwirrung zu stiften, ausnahmsweise einmal von Nutzen sein. Ich werde die Erlanger*innen einfach so durcheinanderbringen, dass sie letztendlich bei irgendeinem der Stefan Müllers ihr Kreuz machen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie mich wählen, liegt also bei 50%. Erste Experimente mit Umfragen auf Twitter scheinen diesen vorerst rein theoretischen Wert zu bestätigen (siehe Abbildung 1).
Damit würde ich 21,3% der Stimmen bekommen und klar vor der SPD-Kandidatin liegen. Die PARTEI hatte 2017 keine Direktkandidat*in, aber 0,8% der Zweitstimmen. Auch wenn sich die derzeitigen Prognosen von 8,0% als zu optimistisch herausstellen sollten, kann man wohl sicher mit 0,8% der Stimmen rechnen. Mitglieder der PARTEI sind SEHR GUT, sie werden vorher informiert, dass sie den Stefan Müller mit den Titeln wählen sollen, so dass ich dann 0,8% vor dem unbetitelten Stefan Müller liegen werde.
In diesem Aufsatz habe ich unter Bezugnahme auf Daten aus einer 24jährigen Längsschnittstudie einen Weg aufgezeigt, wie man durch totale Verwirrung Wahlen gewinnen kann. Erste Experimente scheinen die theoretischen Abschätzungen zu bestätigen.
Ich danke zwei anonymen Gutachter*innen für wertvolle Kommentare zu früheren Versionen dieses Aufsatzes. Klaus Amigo, dem Herausgeber der Zeitschrift Demokratie und Krise, möchte ich dafür danken, dass er mir gestattet hat, den Anhang C mitzuveröffentlichen, obwohl beide Gutachter*innen angemerkt haben, dass er für die eigentliches Aussage des Aufsatzes irrelevant sei. Tausenden Student*innen danke ich dafür, in den letzten Jahrzehnten in der Studie mitgewirkt zu haben und dem Universitätsprojekt Lehrevaluation (ULe) danke ich für die Auswertung meiner Fragebögen auch nach meiner Zeit in Jena. Nur so waren die Ergebnisse vergleichbar und für meine Studie verwertbar. Der Aufsatz ist im Rahmen des Projekts Direkte Demokratie entstanden (FKZ HUF-SUC-1343). Ich danke Klaus Huber von Bayern-Press für seine sorgfältige Betreuung im Publikationsprozess. Mir ist bewusst, dass das heutzutage alles andere als üblich ist, und ich weiß die gute Betreuung sehr zu schätzen. Seiner Bitte, auf Fußnoten zu verzichten, konnte ich leider nicht entsprechen.
Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, habe ich nur die von der Uni Jena ausgewerteten Fragebögen berücksichtigt. Ich musste einmal Fragebögen einer anderen Uni verwenden, weil der Fachbereich plötzlich auf die Idee kam, an unserem Institut eine Pilotstudie durchzuführen. Zur Erleichterung vieler Kolleg*innen gab es nur einmal solch eine zentral ausgewertete Lehrevaluation.4
Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ausführliches Eingehen auf Fragen wurde immer gelobt und ich wurde in allen Evaluationen als kompetent, wissenschaftsbegeistert, humorvoll, gutmütig und freundlich bezeichnet.
Also naja. Bis auf die eine. Aber da wollte ich irgendwie erzwingen, dass die Deutschlehrer*innen an einer Vorlesung teilnehmen, zu der sie sich normalerweise nur einschreiben und dann nicht hingehen. Sorry, ich bin schon wieder abgeschwoffen.
Bortz, Jürgen & Christof Schuster. 2010. Statistik für Human und Sozialwissenschaftler. 7th edn. Berlin: Springer Verlag. DOI: 10.1007/978–3‑642–12770‑0.
Huff, Darrell. 1954. How to lie with statistics. New York, NY: Norton.
Munroe, Randall. 2019. How to win an election. How to: Absurd scientific advice for common real-world problems. Kapitel 24. London: John Murray.
Die PARTEI Erlangen. 2021. Pressemiteilung: Stefan Müller Casting. (https://dieparteierlangen.wordpress.com/2021/01/11/stefan-muller-casting/) (letzter Zugriff 14.04.2021)
Die PARTEI Erlangen. 2021. Pressemiteilung: Stefan Müller kandidiert für Die PARTEI für den Bundestag. (https://dieparteierlangen.wordpress.com/2021/03/08/stefan-muller-kandidiert-fur-die-partei-fur-den-bundestag/) (letzter Zugriff 14.04.2021)
Die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative schreibt TIERSCHUTZ groß. Das ist gut. SEHR GUT. Beim Casting der PARTEI Erlangen für den besten Stefan Müller, der gegen Stefan Müller von der CSU antreten soll, wurde ich gefragt, was mein Lieblingstier ist. Hier die Antwort.
Mein Lieblingstier ist der Pinguin. Pinguine gehören zu den Vögeln, die nicht fliegen. Die coolsten Vögel bleiben am Boden.
Ah, und dann sind da noch die Seepferdchen. Die mag ich sehr. Ihr kennt ja den Spruch: „Ich hätte ja gern mehr gemacht, aber die Kinder kriegen ja nun mal die Frauen.“ Die Seepferdchen haben das irgendwie anders geregelt: Männchen haben einen Brutbeutel, in den das Weibchen die Eier spritzt. Das Männchen trägt die Kinder aus. (siehe taz-Beitrag zu Seepferdchen)
Mein Lieblingstier ist der Pinguin und das Seepferdchen.
Bienen sind cool. Sie sind sehr kuschelig, aber wenn man sie am Po streichelt, gibt’s ’n Stich! Wir brauchen die Bienen für das Überleben der Menschheit, denn wie sonst sollten wir der nachfolgenden Generation die Fortpflanzung erklären?
Mein Lieblingstier ist der Pinguin, das Seepferdchen und die Biene.
Enten habe ich sehr gern – gegessen. Seit zwei Jahren bin ich auch klimabedingt Vegetarier. Vorher haben wir wenig Fleisch gegessen. Im allgemeinen essen die Deutschen viel zu viel Fleisch. Also weit über dem, was die WHO empfiehlt. Rindfleisch ist das Schlimmste für das Klima, da Methan wesentlich klimaschädlicher ist als CO2. Schweine werden viel zu eng und in Kastenstandhaltung gehalten. Wir haben deshalb bewusst Fleisch konsumiert und wenig. Enten habe ich sehr gern gegessen. Ich hatte irgendwie die Vorstellung, dass das ja diese lieben braunen Tiere sind, die auf dem Teich rumschwimmen. In jeder Stadt gibt es so 1–2 Asia-Restaurants, die dann immer mal eine Ente fangen und die esse ich dann. Als ich dann Vegetarier war, bin ich auf die Seite der Albert Schweitzer Stiftung zu Enten-Massentierhaltung gestoßen. Enten werden in riesigen Hallen gehalten. Sie überschütten sich zwanghaft mit dem Dreck, in dem sie leben, weil sie sich normalerweise so mit Wasser übergießen würden, aber es ist keins da. Um die Tiere zu beruhigen, wird das Licht in den Hallen gedimmt.
Hätte ich nicht schon vorher aufgehört, Enten zu essen, wäre da dann Schluss gewesen.
Mein Lieblingstier ist der Pinguin, das Seepferdchen, die Biene und die Ente.
Elefanten sind groß! Leider sind sie vom Aussterben bedroht (taz, Bericht). Das liegt hauptsächlich an Wilderern, die Elefanten wegen ihrer Elfenbein-Stoßzähne töten. Aber auch der Klimawandel sorgt dafür, dass die Lebensräume von Elefanten (und nicht nur von Elefanten) zerstört werden, was dann zum Aussterben von Arten führt. (Link zu WWF)
Elefanten werden sehr, sehr alt. Und sie haben ein hervorragendes Gedächtnis. Die letzten drei Elefanten, die in Afrika nicht mehr leben können, werden sich eines Tages auf den Weg zu uns machen. Sie werden kurz vor Berlin halt machen und in der kaum noch Wasser führenden Spree volltanken. Dann werden sie zum Kupfergraben marschieren und Angela Merkel nassspritzen. Für ihr Versagen im Klimaschutz. Die beiden Leichtgewichte Andy Scheuer und Julia Klöckner werden sie einfach umpusten.
Ich mag Elefanten.
Cuveillier, Franck & Vasselin, Pascal. 2020. Forschung, Fake und faule Tricks. arte. (https://www.arte.tv/de/videos/091148–000‑A/forschung-fake-und-faule-tricks/) (Accessed April 14, 2021.)
Imhoof, Markus. 2012. More than honey. (https://www.youtube.com/watch?v=J2XQYbMHFIA) (Accessed April 14, 2021.)
Kriener, Manfred. 2021. Verfressene Räuber. (https://taz.de/Journalist-ueber-Seepferdchen/!5757297/)
WWF. 2021. Die Folgen der Erderwärmung für wildlebende Arten. (https://www.wwf.de/themen-projekte/klima-energie/erderwaermung-mit-folgen)
Hintergrund: Ich kandidiere für Die PARTEI als Direktkandidat für den Bundestag (Pressemitteilung der Partei Die PARTEI). Dazu muss ich natürlich meine Positionen dokumentieren. Da ich antrete, um die Wahl von Stefan Müller (CSU) zu verhindern, wird meine Meinung mit seiner verglichen. Viel Spaß!
Ich bin Pazifist. Ich war bei der Armee. Wäre es zum Krieg gekommen, hätte ich genau einen Schuss abgegeben. Auf mich selber. Meine Einstellung hat sich ein bisschen geändert: Ich würde mich nicht mehr erschießen. Das liegt aber daran, dass ich prinzipiell keine Waffen mehr anfasse.
Mir ist klar, dass Pazifismus eine Luxuseinstellung ist, denn es gibt ein paar geopolitische Probleme. Zum Beispiel: die USA, Russland und China. Das erste Problem ist im Januar zum Glück ein bisschen kleiner geworden, weil Agent Orange vorerst in Park-Position ist. Putin ist natürlich ein Problem. Er ist sehr … Aber Putin ist natürlich auch schon sehr alt. Das Problem wird sich also hoffentlich in einigen Jahren von selbst erledigen. Aber was, wenn er vorher ankommt? Putin hat den 1. Dan im Judo, aber das kann mich nicht schrecken, denn ich habe einen braunen Gürtel im Karate (Shotokan Ryu, JKA1) und Karateka sind Judoka normalerweise überlegen. Das hängt natürlich von der individuellen Form ab, aber ich würde mich (nach erfolgreicher Wahl) auch gut vorbereiten und trainieren. Für mein Volk werde ich alles geben! Es gibt aber dennoch ein Problem. Es könnte sein, dass Putin geritten kommt.
Wenn die Saatsmacht beritten auftritt ist das immer ein Zeichen der Größe und furchteinflößend. Einhörner haben allerdings einen strategischen Nachteil: Sie haben ein Horn. Dieses Horn treffen auch Lasso-Anfänger sehr gut, so dass man Putin sicher auf diese Weise zu Fall bringen könnte. Der Oben-Ohne-Narzissmus ist im Kriegsfall ein weiterer Nachteil, denn er wäre ungeschützt.
(Aktualisierung 29.05. Inzwischen habe ich auch noch Unterstützung von Anna Bromley, meiner Ministerin für Abrüstung und Verteidigung. Sie kann Kung Fu und ist SEHR STARK und SEHR GUT.)
Bleibt das Problem mit China. Ich bin Optimist. Die Chinesen haben ihre Probleme immer mit einem bzw. mehreren Rucken gelöst. Zum Beispiel wurden die Vögel, als man erkannt hatte, dass die die Ernte auffressen, so lange mit Kochtopfdeckeln und anderem Krachgerät aufgescheucht, bis sie entkräftet zu Boden kamen und dann abgemurkst werden konnten. Danach hatte man dann zwar eine Insektenplage, aber dennoch zeigt diese Geschichte, welche Kraft ein gut gesteuertes Volk entwickeln kann. Ich setze nun langfristig darauf, dass die chinesische Führung erkennen wird, dass es viel angenehmer für die Bevölkerung ist, lustig zu leben. Der gesamte Partei-Apparat wird dann nach dem Vorbild der PARTEI umgebaut. Da Sonneborn derzeit in Brüssel fleißig Strippen zieht, werden früher oder später auch alle europäischen Parteien auf PARTEI-Kurs einschwenken und wir werden friedlich bis ans Ende unserer Tage zusammenleben.
Das sind natürlich Visionen, die sich nicht kurzfristig umsetzen lassen. Ich würde also die Bundeswehr nicht sofort auflösen. Für den Anfang würde ich erstmal das Verteidigungsministerium in Ministerium für Abrüstung und Verteidigung umbennen. So hieß auch das entsprechende Ministerium in der DDR nach 1990. Dann würde ich nach Schweizer Vorbild große Teile der mechanisierten Infanterie (für Ossis: Motschützen) auf Fahrrad umstellen. Das spart Geld und verringert den CO2-Ausstoß der Streitkräfte. Da auf deutschen Straßen eh meist Stau ist, kommen Panzer schlecht durch (das hat nie jemand bemerkt, weil die immer im Wald üben!), so dass die Bundeswehr durch den Umstieg auf Räder erheblich an Schlagkraft gewinnen würde. Ich würde eine Frauenquote von 50% auf allen Ebenen einführen und so das Aggressionspotential verringern. Sollten nicht genügend Frauen gefunden werden, die für ihr Land sterben wollen, müssten anteilig Männer entlassen werden. Die 50%-Quote ist unbedingt einzuhalten! Einer Reduktion der Truppengröße ließe sich durch entsprechende Erhöhung der Gehälter für Frauen entgegenwirken. Diese Gehaltserhöhung kann man aus den Einsparungen bezahlen, die sich aus dem Umstieg auf Fahrräder ergeben (Material, Wartung und Kraftstoff). Insgesamt haben meine Berechnungen ergeben, dass man den Wehretat halbieren kann, wenn alle Soldat*innen Sprengstoff, Maschinengewehre und Munition aus ihren Garagen und Vorgärten holen und wieder in der Kaserne abgeben (Bericht in der taz über Munitionsskandale).
Sonneborn fordert eine deutsche Atombombe (Interview mit Tilo Jung). Dazu habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Er sagt selbst, dass diese Forderung nur aufgestellt wurde, damit Die PARTEI von sich sagen kann, dass sie die erste Partei war, die eine deutsche Atombombe gefordert hat. Da das ja nun aktenkundig ist, kann man eigentlich von dieser Forderung wieder abrücken. Sollte diese Atombombe dennoch kommen, möchte ich als Bundeskanzler damit nichts zu tun haben (siehe oben). Ich würde dann die Gesetze enstprechend anpassen/ausarbeiten lassen und die alleinige Verfügungsgewalt an Martin Sonneborn übertragen. Die Abschussrampe und Lagerung würde dann unter seiner jeweiligen Wohnung angelegt, so dass eine volle Kontrolle gewährleistet ist.
Auf Instagram findet man Bilder von Stefan Müller bei Truppenbesuchen auf Panzerübungsplätzen. Liebe Erlanger*innen! Wenn Sie Männer, die vor Panzern posieren, blöd finden, wählen Sie mich, Stefan Müller!
Beim Stichwort „bis ans Ende unserer Tage“ ist mir aufgefallen, dass das ja klimawandelbedingt nicht mehr lange hin ist und dass der Klimawandel auch ein Grund für Migration und Kriege sein wird, wenn wir so weiter machen wie bisher (Existential climate-related security risk: A scenario approach, 2019 mit Vorwort von Admiral Chris Barrie). Alle, die konsequent pazifistisch handeln wollen, müssen also dringend dafür sorgen, dass alle Regionen dieser Erde bewohnbar bleiben bzw. es wieder werden. Das ist nicht einfach. Sicherlich schwieriger als den Leningrader Judomeister zu besiegen.
Krebs, Andreas, 2019. Das US-Militär – einer der größten Klimasünder in der Welt. Telepolis.
Spratt, David & Ian Dunlop, 2019. Existential climate-related security risk: A scenario approach, Melbourne, Australia: Breakthrough – National Centre for Climate Restoration.
Ulrich, Sahra & Sebastian Erb, 2021, Prozess gegen KSK-Soldat: Amnestie für Patronenklau
Da in Erlangen Stefan Müller von der CSU seit 2002 immer das Direktmandat gewinnt, hat Die PARTEI beschlossen, den Erlanger*innen eine Alternative zu bieten. In einem aufwendigen Casting-Verfahren konnte ich mich gegen Tausende Stefan Müllers und Steffi Müllers durchsetzen und der Vorsitzende der Ortsgruppe hat dann von mir ein Foto bekommen (Pressemitteilung der Partei Die PARTEI).
Gestern nun war unser erstes Treffen, bei dem es um konkrete Wahlkampfmaßnahmen ging. Ich habe dabei sehr viel Wissenswertes über Erlangen erfahren. Schockierende Details. Ich weiß jetzt, dass die Infrastruktur marode ist. Straßenlaternen sind so wackelig, dass man nur ein Wahlplakat pro Laterne aufhängen kann (Ausnahmeregelung zu § 2 Abs. 2 Nr. 16 der Plakatierungsverordnung der Stadt Erlangen). Alle anderen Plakate müssen auf Dreiecksständern aus Metall stehen, die sich aber nur die CSU in großer Anzahl leisten kann.
Diese Zustände sind natürlich unhaltbar und ich frage mich ernsthaft, wie die armen Erlanger*innen das die letzte 40 Jahre lang aushalten konnten. Ich denke, hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Ich werde mich also im Bundestag für einen Aufbau West einsetzen. Der Osten ist ja jetzt fertig, wir haben überall die versprochenen blühenden Landschaften und können uns nun also strukturschwachen Regionen wie Erlangen zuwenden. Die Ossis sind sehr froh über die blühenden Landschaften und das ganze Geld, das in den Osten geflossen ist, und viele sind sicher bereit, es dem Westen heimzuzahlen zurückzuzahlen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Soli beibehalten und ausgebaut wird. Der Soli ist übrigens eine Steuer, die alle Steuern zahlenden Personen bezahlt haben, also Ossis und Wessis (Wikipedia: Solidaritätszuschlag). Das wird mitunter übersehen. Also: Für einen Solidaritätszuschlag für strukturschwache Gebiete! Gern einkommensabhängig gestaffelt. Für Straßenbeleuchtung in Erlangen und Umgebung! Gegen Dunkeldeutschland!
Dieser Beitrag wurde zuerst am 22.02.2021 auf So-isser-der-Ossi veröffentlicht. Hier wurde er leicht angepasst.
Ich hasse es, wenn mir Menschen vorschreiben wollen, was ich zu tun und zu lassen habe. Das kommt noch aus meiner Kindheit und Jugend, die ich im Osten verbracht habe. Bis vor einigen Jahren habe ich deshalb auch genauso argumentiert wie der von mir sehr geschätzte Sprachwissenschaftler Prof. Peter Eisenberg es in diversen Veröffentlichungen getan hat. Als taz-Leser habe ich schon sehr lange mit dem Binnen‑I und seinen Freund*innen zu tun. Ich habe mich zum Beispiel über einen Artikel sehr geärgert, in dem es um Straflager für Frauen ging und dann von Dieben und Mördern geschrieben wurde, denn wo, wenn nicht da, hätte man von Diebinnen und Mörderinnen schreiben müssen. Der Gipfel war dann ein Bild mit einem Schild, das als Wegweiserin bezeichnet wurde. Ich habe damals mit den Student*innen darüber gesprochen und ihnen erklärt, dass die entscheidende, die alles entscheidende Frage die ökonomische ist. Frauen werden nie gleichberechtigt sein, wenn sie nicht arbeiten, wenn sie nicht Kranführerin, nicht Firmenleiterin, nicht Klinikchefin, nicht Lehrerin, nicht Kindergärtnerin, nicht Professorin werden. Frauen waren im Osten in einer ganz anderen Position, weil sie ökonomisch unabhängig waren. Wenn der Macker genervt hat, sind sie halt gegangen bzw. haben ihn rausgeschmissen.
Die Frauen aus der Ost-Frauenbewegung haben nach der Wende die West-Frauen gar nicht verstanden (und andersrum), weil die ganz andere Probleme hatten. Es gibt eine sehr gute Dokumentation vom MDR zu diesem Thema und dem Roll-Back nach der Wende: Ostrauen: Selbstbewusst. Unabhängig. Erfolgreich.
Hier auch aus der Emma:
Die Frauen der DDR waren Kranführer, Maurer, Elektriker, Schlosser, Ingenieur oder Agrartechniker. Ihre Arbeit war das Herzstück der sozialistischen Lebensweise. Wo der Sozialismus ArbeiterInnen brauchte, da unterschied er nicht nach Frau oder Mann. Konsequenterweise war das „in“ in der Berufsbezeichnung überflüssig.
Emma 11/2009: Die arbeitslose Kranführerin
Ich habe das Binnen‑I also Jahrzehnte abgelehnt und die Kämpfe darum für vergeudete Zeit gehalten. Vor ungefähr drei Jahren habe ich meine Meinung geändert. Der Grund dafür war ein Tweet von Henning Lobin, durch den ich auf folgende Studie aufmerksam geworden bin:
Stahlberg, Dagmar, Sabine Sczesny & Friederike Braun. 2001. Name your favorite musician: Effects of masculine generics and of their alternatives in German. Journal of Language and Social Psychology 20(4). 464–469. DOI: 10.1177/0261927X01020004004.
Die Autorinnen haben Personen gebeten, ihre Lieblingsmusiker zu nennen. Das Ergebnis war, dass Musiker genannt wurden, nämlich vorwiegend männliche. Wurde dagegen nach Lieblingsmusikern bzw. Lieblingsmusikerinnen gefragt, war der Anteil der Musikerinnen größer. Das heißt, dass all das, was Peter Eisenberg geschrieben hat, zwar richtig ist, also alles, was das grammatische System angeht, dass aber dennoch bei den Empfänger*innen etwas im Gehirn passiert, das nicht dem „mitgemeint“ entspricht (oder doch, siehe unten). Kolleg*innen haben mich dann darauf hingewiesen, dass dieses Phänomen nicht spezifisch für das Deutsche ist. Was abgebildet wird, sind unsere Stereotype. Das folgende Beispiel mit dem Chirurgen kommt ursprünglich auch aus dem Englischen. Es stammt von den beiden Psychologinnen Mikaela Wapman und Deborah Belle.
Also: Die ganze Sache hat nichts mit dem Deutschen zu tun, die Stereotypen sind ein Abbild unserer Gesellschaften. Man kann sich das leicht vor Augen führen, indem man über nurse nachdenkt. Die ist natürlich weiblich. Jedenfalls blinkern zuerst die entsprechenden Stellen in unseren Gehirnen auf. Um das zu ändern, müssen wir dafür sorgen, dass Frauen in allen Positionen sichtbar sind, damit sie nicht nur von der Grammatik mitgemeint sind, sondern auch von den Empfängern unserer Nachrichten mitgedacht werden. Das ist letztendlich wieder die ökonomische Frage und dazu brauchen wir Quoten und Kinderbetreuung und die Quoten haben wir ja inzwischen auch, die Kinderbetreuung wird auch langsam besser. Wenn Frauen in Parlamenten gleich vertreten sind, ändert sich vielleicht auch irgendwann die Bezahlung für die typischen Frauenberufe und es stellt sich insgesamt eine fairere Verteilung ein.
Wenn wir Frauen erreichen wollen, wenn wir wollen, dass sie sich angesprochen fühlen, dass sie denken: „Ja, hier bin ich richtig!“, dann müssen wir sie explizit adressieren. Ich habe das bis vor einigen Jahren gemacht, in dem ich in der Anrede die weibliche und die männliche Form benutzt habe. Seit einiger Zeit mische ich das mit der Form mit Glottalverschluss. Ein Kollege hat prophezeit, dass der dann irgendwann als unökonomisch abgeschafft wird und so ist es in der Tat: Dann kommt eben das generische Femininum raus.
In der Schriftform verwende ich das Gendersternchen. Es ist kürzer als „Kolleginnen und Kollegen“ und man hat die Nicht-Binären noch mit dabei.